Entlang der Ostsee – Rügen

Freitag, 24. September Auf Rügen

Heute Morgen verließen wir Usedom bei schönstem Sonnenschein (das mit den meisten Sonnenstunden scheint wirklich zu stimmen!) und fuhren weiter zur Insel Rügen. Dort hatten wir auf dem Campingplatz „Dat Stranddoerp“ auf der Halbinsel Mönchgut im Südosten der Insel reserviert. Auf Rügen herrschte ein strenger Wind und die Sonne hatte sich auch versteckt. Aber die Dame an der Rezeption war sehr freundlich und alle Formalitäten waren schnell abgewickelt. Wir bekamen einen Platz auf der Ostseeseite – der Platz ist durch die Durchfahrtstrasse in zwei Teile geteilt – so dass wir zwar durch eine Hecke geschützt, aber direkt an der Straße standen. Mich stört das weniger, schließlich bin ich fast taub, und geschaut haben wir ja ins Grüne. Außerdem war auf der Straße, zumindest in dieser Jahreszeit, auch nicht viel Verkehr. Angeblich sollte dieser Platz einer der wenigen sein, die Zugang zu einem Hotspot hatten, leider war das nicht so. Wir hatten weder mit den Handys noch mit dem Laptop Zugang zum Internet, obwohl ich vorher extra darum gebeten hatte. Jetzt muss ich meinen Blog in dem Toilettengebäude schreiben, das ist nämlich der Standplatz des Hotspot….. na toll!
Da wir unterwegs Mittagspause gemacht hatten, waren wir gleich fit, einen kleinen Ausflug durch die Halbinsel Mönchgut zu machen. Wir machten Halt in Groß Zicker, wo es das Pfarrwitwenhaus original von 1720 gibt. Bis zu diesem Zeitpunkt wurde nämlich einfach, wenn der Pfarrer starb, ein junger unverheirateter Pfarrer auf die Stelle gesetzt, der dann die Witwe zu heiraten hatte, damit sie versorgt war. Dem herrschenden Dänenkönig erschien dieses Vorgehen doch etwas harsch. So ließ er das Pfarrwitwenhaus bauen, in dem die Frau bzw. vielleicht auch mehrere Frauen weiterhin leben konnten. Groß Zicker hat auch eine winzig kleine, richtig niedliche Kirche, die um 1350 zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird und somit das älteste Gebäude auf Rügen wäre. Der Turm ist aus Holzschindeln aufgebaut ist. Gibt es wohl auch nicht so oft.

Zum Abendessen waren wir dann im „Adler“ in Gager auf Mönchgut, wo wir in einem ehemaligen Tanzsaal, dessen Aussehen sich seit DDR-Zeiten anscheinend nicht verändert hatte (er roch auch noch so!) überaus leckeren Fisch speisten. Das Essen war gut, reichlich und zudem noch preisgünstig (15 € für gebratenes Zanderfilet). Anscheinend ein Geheimtipp, teilweise mussten die Gäste nämlich auf einen Tisch warten.

Samstag, 25. September Kap Arkona

Der Morgen begann erstaunlicherweise mit strahlendem Sonnenschein, wir schoben alle Pläne beiseite und beschlossen, heute die Wanderung nach Kap Arkona zu machen. Das Kap ist der nördlichste Punkt der Insel und wir freuten uns, bei diesem schönen Wetter einmal quer über die Insel zu fahren. So fuhren wir in aller Ruhe, was bestimmt manch anderen zur Verzweiflung gebracht hat, bis Putgarten und parkten dort auf dem riesigen Parkplatz. Man merkte deutlich, dass hier im Sommer in anderen Menschenmassen gedacht wird. Dann wanderten wir mit gefühlten 100 anderen Menschen die Straße entlang nach Kap Arkona. Gaststätten, Imbiss-Stände und Verkaufslädchen reihten sich aneinander, wir verschmähten auch einen Besuch im vielbeworbenen Rügenhof; ich habe immer die Erfahrung gemacht, dass das meist nur Schund ist, der an solchen Touristenorten für teures Geld verkauft wird.

In dem Örtchen Kap Arkona angekommen, liefen wir nur kurz um den 39 m hohen Leuchtturm und den eckigen Schinkelturm herum und wandten uns dann Richtung Peilturm, um auf einem bequemen Wanderweg nach dem Fischerdörfchen Vitt zu wandern. So breit der Weg auch war, auch Rügen ist Radfahrerland und Ewald hatte große Mühe, Lucy vor dem Überfahren werden zu bewahren. Dieser Wanderweg war sehr abwechslungsreich. Zuerst ging es ein Stück an einem Erdwall entlang, der einst die Jaromarsburg war und ein großes Heiligtum der Slawischen Urbevölkerung enthielt, wie uns ein Hinweisschild verriet. Im Rahmen der Besetzung und dann Christianisierung durch die Dänen im 12. Jh. wurde die Burg zerstört. Dann ging die steile Treppe hinunter zum Strand, wobei streng gewarnt wurde, sich auf dem Strand nur nach rechts zu wenden, da links die Gefahr von Felsabstürzen drohte. Wie wir später sahen, gab es jede Menge Unvernünftige, die sich natürlich nach links unter die Kreidefelsen begeben mussten. Dann hatten wir einen schönen Blick auf die Kreidefelsen und auf den Strand, bis wir schließlich über eine Treppe das winzige Dörfchen Vitt erreichten.
Es waren wirklich nur wenige Häuser, alle natürlich reetgedeckt, und ein winziger Hafen. Dort aßen wir auf Bänken sitzend passenderweise Fritten mit Currywurst und tranken Kaffee und Cola. Den Stand mit den Fischbrötchen, die wir viel lieber gehabt hätten, fanden wir leider erst später. Aber wir hatten um 14.00 Uhr echt Mittagessen-Hunger.

Danach gingen wir wieder einige Stufen hinauf bis zur Abfahrtstelle der kleinen Bimmelbahn. Die letzten 2 km bis Putgarten zurück waren uns nach der Mittagspause jetzt doch zu viel.
So erreichten wir bequem wieder den Parkplatz, bezahlten unser Tagesticket mit 6,50 € (das war der Preis für alle, was anderes gab es nicht!) und fuhren, immer noch im Sonnenschein, müde und mit unserem Tagespensum zufrieden wieder zurück zu unserem Wohnwagen.

Sonntag, 26. September Kreidefelsen und Königsstuhl

Das Wetter sollte heute wieder schön mit Sonnenschein werden und wir buchten online eine Fahrt mit den Adler-Schiffen von Sassnitz zu den Kreidefelsen. Diese sollten am schönsten vom Meer aus zu sehen sein. Leider bezog sich der Himmel immer mehr und die Sonne war meist nur wie durch einen Wolkenschleier zu sehen. Aber das war für uns immer noch okay, wir sind da nicht verwöhnt. Das Schiff war im Außenbereich schon ziemlich voll, weil es von Binz her kam, aber Ewald sitzt sowieso am liebsten drinnen mit Hund und einem Kaffee. Ich bekam noch einen einzelnen Platz auf dem Außendeck. Wir verließen den Hafen von Sassnitz und fuhren an dem hübschen, kleinen Leuchtturm vorbei, der das Ende der langen Mole und die Hafeneinfahrt markiert.

Die Kreidefelsen auf Rügen sind zusammen mit den Buchenwäldern des Naturparks Jasmund als Weltnaturerbe seit 2011 anerkannt. Sie sind nach der letzten Eiszeit vor 12.000 Jahren entstanden und seitdem verändert sich ihr Anblick ständig. Da sie eigentlich keine richtigen Felsen sind, sondern aus einer Mischung aus Kalk und Mergel bestehen, sind sie sehr vergänglich. Jedes Jahr verschwinden allein durch Wind und Regen bis zu 20 cm von ihnen, von den großen Abstürzen, wie dem Absturz der „Wissower Klinken“ im Jahr 2005, einmal ganz abgesehen. Deshalb wollte ich unbedingt die Kreidefelsen noch sehen, solange es sie noch gibt. Man weiß ja nie!

Und ich fand die Kreideformationen wirklich imposant. Ich hatte sie mir irgendwie wie einzelne Felsen, so wie beim Königstuhl oder Viktoriablick, vorgestellt. Aber es war ja eine kilometerlange weißen Wand, vom Blau der Ostsee und dem Grün des Buchenwaldes eingerahmt. Schon sehr imposant! Und ich glaube, wirklich nur vom Schiff aus kann man diesen Gesamteindruck bekommen. Ich war beeindruckt! Ewald weniger, ihn interessierten sein Kicker und die Bundestagswahl auf seinem Handy sehr viel mehr. Pass nur auf, wenn wir morgen mit dem Rasenden Roland fahren, schaue ich auch die ganze Zeit auf mein Handy!Genau vor dem Königstuhl dreht das Schiff dann, so dass man ihn wirklich von allen Seiten bewundern konnte und dann fuhren wir mit voller Kraft zurück nach Sassnitz.

Im Hafen von Sassnitz, genau neben der Anlegestelle der Adler- Schiffe, ist zufällig das anerkannt beste italienische Lokal der Insel. Es heißt „La Torre“ und ist wirklich winzig. Ich hatte davon in einem Interview über Rügen gelesen und da es Sonntagmittag war, konnten wir uns ja mal ein Sonntagsessen leisten. Wir saßen draußen vor dem Lokal und es gab im Hafen und bei den vorbeiflanierenden Menschen und Hunden viel zu beobachten. Der Besitzer fütterte Lucy ständig mit Leckerli und er und die Bedienung waren echt gut drauf und sehr freundlich. So machte uns die etwas längere Wartezeit nichts aus, es wurde ja alles frisch gemacht und die Tische im Windschutz waren alle belegt. Wir bestellten Cannelloni mit Spinat und den Osteria-Burger. Und auch wir wurden nicht enttäuscht, es war alles sehr originell (rosa Cannelloni!) und sehr, sehr lecker! Und so viel teurer als sonst war es auch nicht und außerdem war ja Sonntag!

Am Nachmittag kam dann endlich die Sonne ganz heraus, so dass wir noch einen ausgedehnten Spaziergang am Meer in Mönchgut unternahmen. Es war schön, aber ich bin halt kein Meerfreund, das ist und bleibt so!

Montag, 27. September Mit dem „Rasenden Roland“ nach Putbus

Heute stand Ewald’s innigster Wunsch an, als er hörte, dass Rügen auf dem Programm stand: Einmal mit dem Rasenden Roland über die Insel fahren. Das Wetter sollte heute bedeckt sein, also dachte ich mir: Mit dem Zug fahren ist super. Da sitzen wir warm und trocken. Weit gefehlt: Ein Zug, der mit 25 km/h durch die Gegend fährt, hat natürlich einen Panorama-Wagen, aber nicht doppelhoch wie an Mosel und Rhein, sondern offen! Und völlig klar, in dem saßen wir natürlich, allerdings in keinster Weise dafür gekleidet. Die Menschen um uns herum hätte man für eine Polarexpedition mitnehmen können, nur Franzens saßen in der Sommerkleidung der vergangenen zwei warmen Tage in der frischen Brise. Aber was tut man nicht alles aus Liebe! Der eine setzt sich auf ein Schiff und schaut sich Kreidefelsen an, die ihn nicht interessieren; die andere setzt sich in den Panoramawagen und holt sich den Tod, ganz zu schweigen von dem Gestank, den die Lokomotive von sich gab. Aber alles gut!

Und natürlich hatte ich auch noch die gesamte Strecke Göhren-Putbus und zurück gebucht, Ewald sollte ja auch etwas davon haben: Zweimal eine Stunde und 15 Minuten frische Brise, 2 Erwachsene/1 Hund: satte 60 Euro. Aber egal! Alles gut! Auf dem Rückweg saßen wir im geschlossenen Wagen, darauf hab ich bestanden.
Dabei fing alles so nett an: Wir waren etwas zu früh in Göhren und gingen noch kurz an die Ostsee und in den Kurpark, der in der Nähe war. Die Seebrücke war, wie bisher meistens, unspektakulär (zu der einzig schönen Seebrücke in Sellin sind wir leider aufgrund des einen stürmischen Tages nicht gekommen). Aber der Kurpark gefiel uns dafür umso besser; eigentlich war er auch unspektakulär, aber das gefiel uns gerade: Ein paar Wasserspiele, eine Orchestermuschel, ein Steinlabyrinth und sehr wenig Menschen. Das war’s! Und uns war das genug!

Dann kam die Fahrt mit dem Rasenden Roland nach Putbus. Darüber habe ich mich oben ja schon ausgelassen. Ich habe sie überlebt, das ist das einzige, was zählt.
Putbus – ja … Putbus – was soll man dazu sagen? Erst einmal waren wir enttäuscht. Mittelpunkt der „Weißen Stadt“ (alle Gebäude sind klassizistisch und weiß angestrichen – auch ein bisschen langweilig!?!) ist der „Circus“, ein schon sehr großer, runder Platz mit einem Obelisken in der Mitte, der von 15 Gebäuden (Stil und Farbe ist klar!) umgeben ist. Dies hat Wilhelm Malte I., Fürst von Putbus, nach einem Beispiel im Badort Bath in England verbrochen. Er tat es in Erinnerung an seinen Vater Malte I., der Putbus als seine Residenzstadt 1810 gegründet hatte. Nun ja, Putbus ist ein Dorf mit dem Platz einer Residenzstadt, irgendwie wirkt das verfehlt. Es sind ja überhaupt keine Menschen da, die diesen Platz mit Leben erfüllen könnten und das nicht nur, weil Nebensaison ist.

Und dann, was ja für mich völlig unerträglich ist: es gab keine gescheite Restauration! Kein Restaurant, außer einer Döner-Bude, zwei geschlossene Café’s und endlich eine Bäckerei, bei der allerdings gerade der Strom ausgefallen war und es nur Kaltgetränke gab. Aber die Teilchen, die wir dann dort gegessen haben, waren okay! So gestärkt, machten wir uns auf den Weg in den Schlosspark. Das Schloss selbst wurde 1963 abgerissen, jetzt gibt es Überlegungen, es wieder an seinem alten Platz aufzubauen. Nun ja, Überlegungen kosten ja nichts.
Aber der Schlosspark – endlich wussten wir, was wir an Putbus gut finden. Der Schlosspark war ein Traum: Uralte Bäume gibt es da, sogar zwei Mammutbäume haben wir gesehen. Ein hübscher, kleiner See mit einer Pergola und einem kleinen Ruheplatz. Eine Kastanienallee. Wir lieben Landschaftparks und dieser war – unserer Meinung nach – einer von den feinsten.

Nach einem dreistündigen Aufenthalt ging es dann nach Göhren und dann auf den Zeltplatz zurück. An diesem Abend speisten wir vorzüglich (essen kann man das schon nicht mehr nennen!) im „Walfisch“ in Lobbe: eine Soljanka, Hirschgulasch mit Knödel und Schwedenbecher (Vanilleeis mit Apfelmus und Eierlikör – mein absolutes Lieblingseis!). Ich wollte gerade schreiben: richtig leckere, gutbürgerliche Küche, als mir auffiel: eine polnische Suppe, ein deutscher Hirsch und ein schwedischer Nachtisch sind wohl eher international. Gepflegtes Ambiente, freundliche Bedienung. Also: wir können euch den „Walfisch“ nur empfehlen, wenn ihr mal auf Rügen seid.