Entlang der Ostsee – Fischland, Darß, Zingst

Dienstag, 28. September : Zingst und die Kraniche

Heute verließen wir Rügen bei leichtem Nieselregen und kamen auf Zingst bei strahlendem Sonnenschein an. Wir hatten hier auf dem Campingplatz „Am Freesenbruch“ reserviert und diesmal war der Mitarbeiter weder sehr freundlich noch sehr hilfsbereit. Wieder war es mir, trotz meiner Bitten, nicht möglich, einen Stellplatz mit funktionsfähigem WLAN zu bekommen, so dass ich weiterhin diesen Reisebericht im Auto neben dem Hotspot schreiben muss.
Wegen des schönen Sonnenscheins beschlossen wir, zuerst dem Hafen in Zingst einen Besuch abzustatten, um die Kranichfahrt, die wir für Freitag geplant hatten, und die Fahrt nach Stralsund am Donnerstag zu organisieren. Als wir dort ankamen, sahen wir den großen Schaufelraddampfer schon voll besetzt und eine großen Menschentraube davor. In 15 Minuten sollte die zweistündige Kranichfahrt losgehen und das große Schiff war oben schon überall besetzt. Gerade versprach der Mitarbeiter, dass kurz nach 17.00 Uhr ein neues Schiff kommen würde, auf dem dann alle oben sitzen könnten. Kurzentschlossen gingen wir sofort auf Kranichfahrt: Weiß der Himmel, was Freitag für ein Wetter sein wird. Heute scheint die Sonne! Leider waren wir wiederum nicht für ein solches Abenteuer gekleidet.

Aber allein schon die Fahrt durch die herrliche Boddenlandschaft war an diesem Tag ein Traum. Es lag eine solche Ruhe über allem, man wurde selbst ganz ruhig davon (selbst wenn man in den Sandalen schon kalte Füße hatte!)

Um die 70 000 Kraniche kommen jedes Jahr im September und Oktober aus dem Norden, wo sie den Sommer verbringen, in die Boddenlandschaft um Zingst. Hier fressen sie sich noch einmal richtig voll, bevor sie auf ihren langen Flug nach Spanien, Portugal und Nordafrika gehen. Tagsüber fressen sie die frisch eingesäten Maisfelder der Bauern leer und fliegen in der Dämmerung dann in die Boddenlandschaft um zu schlafen. Und wir warteten und warteten, bei so viel Sonne lässt der Sonnenuntergang natürlich auf sich warten. Und endlich – als wir schon aufgeben wollten, kamen sie angeflogen: Die Kraniche zogen in Massen über den Himmel zu ihren Schlafplätzen auf der Insel Kirr und Oie, die im Zingster Strom liegen.

Leider hatten Ewald und ich wieder eine ganz andere Erwartung. Wir dachten, wir sehen, wie sie landen und dann noch ein bisschen herumlaufen und sich zum Schlaf einrichten. Leider war aber nur zu sehen, wie sie über uns hinweg flogen, wenn auch wirklich in Massen. Nur …. wenn man, wie wir in Düngenheim, neben einem Schlafplatz der Kraniche auf ihrem Flug in den Süden wohnt, ist so ein Vogelzug jeden Herbst das Normalste, was ein Mensch sich vorstellen kann. Über Düngenheim fliegen die Kraniche sogar meist noch tiefer als hier auf Zingst, aber meistens pro Tag höchstens eins bis drei Züge. Hier flog nun wirklich ein Zug nach dem anderen, bestimmt mehr als 1000 Vögel. Und sie sind ja wirklich riesig, eine Flügelspannweite von 2 m, also es war schon sehr imposant.
Aber auch Ewald und ich hatten unser Erlebnis: Nämlich einen Sonnenuntergang vom Feinsten, der uns sehr begeisterte.

Mittwoch, 29. September: Ahrenshoop

Es gibt auf Fischland-Darß-Zingst eigentlich nur einen Ort, der Ewald interessiert und das ist Ahrenshoop. Kennen Sie nicht? Ahrenshoop kam Anfang des 20. Jahrhunderts in der Kunstszene gleich hinter Berlin und München. Die Natur, die Idylle – weit weg vom modernen Leben – zog damals viele Maler an und es bildete sich hier ein Künstlerkollektiv. Und so kam auch sie in den Jahren 1909 – 1911 immer wieder hierher. Sie: Ewald’s Stern am expressionistischen Malerhimmel – Marianne von Werefkin. Und so war es jetzt unsere Aufgabe, all die Orte aufzusuchen, die Ewald von ihren Bildern her kannte. Und so wanderten wir am Strand von Ahrenshoop entlang bis zur ‚Hohen Düne‘, die Marianne oft gemalt hatte: „Die Steilküste von Ahrenshoop“.

Dann besuchten wir das Kunstmuseum, in dem Werke der Gründergeneration der Künstlerkolonie zu sehen sind. Außerdem war eine Sonderausstellung mit Bildern des Malers Carl Hagemeister zu sehen: „Das Licht, das ewig wechselt“. Angeblich malte er impressionistisch, mir waren die Bilder aber zu „wild expressionistisch“. Er lebte in den Jahren von 1908-15 auf Rügen und Bilder aus dieser Zeit waren zu sehen, hauptsächlich Naturmotive.
Nach einem kleinen Snack im Bistro des Kunstmuseums gingen wir noch den Kunstpfad. An zahlreichen Orten in Ahrenshoop sind beliebte Motive, die die Künstler um die Jahrhundertwende gemalt haben, ausgestellt und erklärt. So kamen wir an Stellen in diesem Ort, die wir sonst bestimmt nicht gesehen hätten. Das war wirklich ein sehr schöner Spaziergang durch ein besonders in den Nebenstraßen sehr schönes Dorf.

Schließlich und endlich mussten wir auf der Rückfahrt natürlich an den Prerowstrom, der auch eines von Marianne von Werefkins Lieblingsmotiven zu dieser Zeit war. „Der Prerowstrom“ oder „Wäscherinnen am Prerowstrom“ oder „Bahnhof von Prerow“ heißen ihre Bilder von diesem Ort.

Freitag, 1. Oktober: Stralsund

Nachdem es den ganzen Donnerstag geregnet und wir es uns mit unseren Büchern im Wohnwagen gemütlich gemacht hatten, schien am Freitagmorgen wieder die Sonne, zwar nur schwach aus einem bedeckten Himmel, aber immerhin. Das richtige Wetter für die Stadt, die noch auf uns wartete: die von der Unesco gekrönte Hansestadt Stralsund. Von unserer Fahrt über den Strelasund nach Rügen kannten wir sie schon aus der Entfernung und das hatte wirklich verheißungsvoll ausgesehen.
Zuerst wieder die leidige Frage nach einem Parkplatz. Aber als wir kurz nach 10.00 Uhr ankamen, fanden wir sofort einen Parkplatz an der Stadtmauer am Knieperwall. Die Tageskarte 4 Euro – so billig hatten wir`s noch nie auf dieser Tour! Und wir parkten auch direkt an den „Weißen Brücken von Stralsund“ über den Knieperteich. Warum die etwas Besonderes sein sollten, wird mir ewig unklar bleiben, aber da sie in den meisten Reisebeschreibungen erwähnt werden, habe ich sie gleich mal fotografiert. Dann betraten wir die Altstadt durch das Kütertor. Hier mit Stadtmauer und Stadttor merkt man noch am deutlichsten, dass Stralsund einst eine Festung war. Auch an einigen Stellen am Hafen ist die Befestigung zur Seeseite hin noch spürbar.

Die Straße geradeaus, eine Straße links und schon waren wir am Alten Markt. Stralsund`s Altstadt ist nicht so groß, dass man sich die Füße wundlaufen könnte. Von daher ist es egal, wo man parkt. Die Ensemble Rathaus-St. Nikolai ist wirklich beeindruckend, leider stand die Sonne dahinter, so dass ein gescheites Foto nicht möglich war. Aber der Innenhof mit der hölzernen Galerie von 1680, deren Säulen mit Pflanzenmotiven geschmückt waren, ist schon sehr sehenswert und prächtig. Der Eintritt nach St. Nikolai kostet 3.- Euro und da sowieso immer einer mit dem Hund hätte draußen bleiben müssen, sparten wir das Geld und setzten es nachher in Fischbrötchen um. War sicher nahrhafter! Aber die überaus prächtige Eingangstür von St. Nikolai, die genau dem einen Ausgang des Rathauses gegenüber war, musste ich doch fotografieren. Wie Ewald leicht bösartig meinte: „Da konnte der Rat gleich dem Volk seine Beschlüsse in der Kirche mitteilen, damit denen auch klar war, dass sie in die Hölle kommen, wenn sie sie nicht befolgen.“

Dann gingen wir durch die kleinen Gassen mit den schönen Häusern und Türen zum Hafen. Stralsund ist im Ganzen sehenswert, alles zeigt die Macht und das Geld der damals aufstrebenden reichen Hansestadt.

Die Mittagszeit näherte sich und da sich alle Reiseberichtschreiber einig waren: wenn in Stralsund Kaffee, dann im Paula`s, machten wir uns auf die Suche und fanden es schließlich auch. Und den langen Fischmarkt entlang zu gehen bis zur Nr. 21 hat sich wirklich gelohnt. Die Einrichtung war zu hübsch und der Kuchen legendär: Ich hatte eine Esterhazytorte, die wurde warm gemacht und eine Kugel Vanilleeis dazu – ein Traum!

Danach wanderten wir durch den Hafen und bestaunten das Ozeaneum (auch, wenn alle etwas anderes sagen: ich finde, es passt nicht hierher!) und die Gorch Fock, die hier ihren Lebensabend fristet oder genießt, kann man bei einem Schiff schlecht beurteilen, obwohl es doch schön sein muss, nach seiner Dienstzeit noch als Museum zu dienen und nicht abgewrackt zu werden. Leider konnten wir keins von beiden besuchen, da beides aus unerfindlichen Gründen für Hunde verboten ist.

Dann kauften wir uns beim Fischkutter „Milan“ am Fährkanal noch zwei Fischbrötchen. Somit hatten wir zumindest alles gemacht, was man in Stralsund – kulinarisch gesehen- machen muss: Kuchen bei Paula`s, Fischbrötchen bei Milan. Da ist Stralsund nach allgemeiner Meinung doch sehr einfach gestrickt, aber ganz auf unserem Niveau!

Und dann ging es noch ein bisschen durch die kleinen Gassen zurück zu unserem Auto. Wir wollten nämlich danach noch auf Kranichsafari gehen: Auf der B 105, die wir fahren mussten, sollten immer welche stehen und fressen – und sieh da, wir hatten Glück.