Leoben – kennen Sie nicht? Kann ich gut nachvollziehen. Liegt in der Steiermark, in der Obersteiermark, 45 min von Graz, der zweitgrößten Stadt Österreichs, entfernt. Unser Schwiegersohn musste für seine Professur einen Auslandsaufenthalt von einem Semester an einer anderen Universität vorweisen. Er entschied sich für die Montan-Universität in Leoben und zog mit seiner Familie für ein halbes Jahr dorthin. Endlich lockerte Österreich im Mai die Einreisebestimmungen nach der 3. Welle der Corona-Pandemie und zwei Wochen später fuhren wir los. Wir wurden von den Enkelkindern schon sehnlichst erwartet!
Ohne obigen Grund hätte es uns ganz sicher nicht hierher verschlagen. Allein schon die Anfahrt: Ab Knoten Wels kommt praktisch ein Tunnel nach dem anderen. Und vor jedem größeren wird man per Plakat gefragt: „Sind Sie auch tunnelfit?“ Ansonsten empfiehlt sich eine Abfahrt bei der nächsten Möglichkeit. Ich bin – Gott sei Dank – tunnelfit und so erreichten wir Leoben schon nach 9 Stunden Autofahrt am frühen Nachmittag. Unser Sohn hatte den Schlüssel bereits geholt und so konnten wir ohne Schwierigkeiten unsere Wohnung im „Tirolerhaus“ im Stadtteil Hinterberg beziehen. Warum es Tirolerhaus heißt, wissen wir nicht, es handelt sich um ein altes steirisches Bauernhaus, das der Besitzer innen vollständig modernisiert hat. In allen Bereichen sehr zu empfehlen, wir haben es schon für unseren nächsten Aufenthalt hier reserviert.
Abends waren wir dann wieder in Leoben in der Wohnung meines Sohnes. Unser Schwiegersohn hat für uns gekocht: Flädlesuppe (sehr lecker) mit Grammelknödel (absolut ekelhaft!). Und nur weil ich gesagt hatte, ich wolle die hiesige Küche kennenlernen, aber doch nicht gleich so heftig!
Montag, 7. Juni, In Leoben
Zuerst einmal die Stadt anschauen! Wir trafen uns mit unserem Sohn und der kleinen Enkeltochter (der Große musste trotz unseres Besuches in die Kita – Ordung muss sein!) auf dem Hauptplatz an der Pestsäule.
Hübsch ist es hier – und sonnig und warm! Also alles, was der Nordeuropäer nach einem kalten, verregneten Mai braucht. Schließlich sind wir jenseits des Alpenhauptkammes. Wir schauen zuerst nach dem Wahrzeichen Leobens, dem Schwammerlturm. Es ist unschwer zu erkennen, warum er so heißt. Er ist der letzte übriggebliebene Mautturm der Stadtbefestigung.
Weiter geht´s zu dem vielgerühmten Kunsthalle. Nun ja, ich stehe moderner Architektur durchaus offen gegenüber, aber das hier. Aber schließlich sind wir in einer Arbeiterstadt, in der Stahl hergestellt wird. Da mag das gerade noch durchgehen.
Über die Hauptkirche St. Xaver kamen wir wieder zurück auf den Hauptmarkt, wo wir es uns in einem der vielen kleinen Eiscafés gut gehen und den Morgen ausklingen ließen.
Mittags ging`s dann auf den Spielplatz. Aber das ist für hier dann weniger interessant. Und abends waren wir zum Essen im „Beim Greif“, einem urigen Wirtshaus mit leckerem Essen. Für die, die es deftig mögen, durchaus zu empfehlen.
Mittwoch, 9. Juni, Am grünen See
Wir wollten einen Ausflug machen. Unser Schwiegersohn empfahl uns den `Grünen See`in der Gemeinde Tragöß, ca. eine halbe Stunde von Leoben entfernt. Schon auf der Hinfahrt empfing uns ein großartiger Bergblick.
Wir parkten auf einem riesigen Parkplatz, dessen Ausmaße für mehrere hundert Autos uns zeigten, was hier im Hochsommer und an Wochenenden wohl gebacken ist. An einem Mittwoch um 10.00 Uhr standen allerdings nur 5 weitere Autos dort, was uns sehr erfreute. Wir wählten den längeren Weg zum See (was wir allerdings nicht wußten!), aber es war traumhaft. Wir wanderten durch einen Wald voller Maiglöckchen und es duftete – eine Parfümerie ist nichts dagegen.
Schon bald erblickten wir den grünen See …. und er war wirklich unglaublich grün und unglaublich klar.
Der grüne See ist ein Karstsee, mit Einsetzen der Schneeschmelze füllt er sich mit glasklarem Wasser. Bis zum Herbst geht das Wasser dann nach und nach zurück, im Winter verschwindet das Wasser fast ganz. Wir waren noch früh im Jahr dran und konnten im Wasser noch Uferwege erkennen, die wahrscheinlich im Sommer dann begangen werden können.
Warum ist er so unglaublich grün, fragten wir uns. Google antwortete: Weil sein Wasser so unglaublich klar ist, dass es die roten Lichtanteile des einfallenden Sonnenlichts absorbiert. Er leuchtet wirklich in den unterschiedlichsten Grüntönen, einfach phantastisch. Wir ließen uns viel Zeit bei der Umrundung, setzten uns immer wieder auf eine der vielen Bänke und bewunderten den See in absoluter Stille. Außer uns war kaum ein Mensch zu sehen.
Ja, wir waren ganz allein… bis wir zu der Jausenstation am einen Ende des Sees kamen. Dort trafen wir auf zwei Buslandungen von Senioren. Aber es war nach all der Ruhe auch wieder schön unter vielen Menschen zu sitzen. So gab es zum Abschluss der Tour noch ein Himbeerkracherl für jeden.
Freitag, 11.Juni, In Graz
Graz, die Hauptstadt der Steiermark, liegt nur 45 Autobahn-Minuten von Leoben entfernt und so beschlossen wir einen kleinen Ausflug in die, von unserem Schwiegersohn stark empfohlene Stadt. Wir parkten in der Tiefgarage im Kunsthaus, was uns letztendlich dann am Abend 20 Euro kostete. Nun gut, wir kannten uns ja schließlich nicht aus. Beim nächsten Mal werden wir an der Endhaltestelle einer der Straßenbahnlinien parken und in die Stadt hineinfahren.
Wir überquerten die Mur und waren sofort in der Altstadt, die seit 1999 wegen der Kombination eines mittelalterlichen Stadtbildes mit modernen Komponenten Unesco-Weltkulturerbe ist. In Graz ist die ganze Altstadt ein großes Museum. Einfach durch die Gassen schlendern und die Häuser anschauen.
Dann fuhren wir mit dem Schlossberglift hinauf zum Uhrturm. Der Lift ist tief im Berg, gläsern und beim Hochfahren sieht man die Schlossbergrutsche, verschieden farbige Beleuchtungen, Metall und Fels – für mich als Fahrstuhl ängstlich schon eine Herausforderung.
Oben liefen wir ein wenig herum, besichtigten den Uhrturm und das Schloss. Der Uhrturm ist das Wahrzeichen von Graz. Er ist im Zuge der Befestigung des Burgberges im 16. Jahrhundert entstanden und hat sein damaliges Aussehen bis heute bewahrt. Bei seinem Zifferblatt stimmt einiges nicht: In Graz zählen nur die Stunden, nicht die Minuten.
Dann begann es leider zu regnen, nur kurz, aber heftig. Wir zogen uns in das dortige Restaurant zurück.
Wieder heil unten angekommen (wir haben nicht die Rutsche genommen!!), gingen wir zur Mur und schauten uns die Mur-Insel an, die gar keine Insel ist, sondern moderne Kunst: Eine schwimmende Plattform, 50 m lang, 20 m breit, in der ein Freilichttheater, ein Kinderspielplatz, ein Café und ein Laden untergebracht ist. Mit zwei Stegen ist sie mit beiden Ufern der Mur verbunden. 2002 wurde sie von dem New Yorker Künstler Vito Acconci entworfen und gebaut. Sie ist trotz mancher wasserrechtlicher Bedenken bis heute in Betrieb.
Am Nachmittag hatten wir eine Führung durch die Innenhöfe der Grazer Paläste gebucht. Diese begann am spektakulärsten Hof, dem Landhaus-Hof, ein dreigeschossiger Arkadenhof, feinste Renaissance. Der Palast ist heute Sitz des steiermärkischen Landtags.
Ein schöner Tag in Graz! Wir können Graz nur jedem empfehlen: Gerade aus den Alpen heraus empfängt einen südliches Lebensflair. Wir werden wiederkommen!
Samstag, 12. Juni Rund um den Leopoldsteiner See
Am Samstag war der arbeitsame Vater zuhause und wir machten mit der ganzen Familie einen Ausflug an den Leopoldsteiner See, der einige Kilometer unterhalb der Gemeinde Eisenerz liegt. Wir konnten auf dem unteren Parkplatz parken und hatten nur einige Schritte, bis der Rundweg um den See begann, zuerst wenig spektakulär durch einen Schilfgürtel des Abflusses. Als wir dann an den eigentlichen See kamen, war es nur noch wunderschön.
Der Leopoldsteiner See hat wirklich alles, was ein Mensch von einem Bergsee nur erwarten kann: Keinerlei Bebauung, tiefklares Wasser, hohe, steile Berge ringsherum. Und einen wunderbar ebenen Rundweg, auf dem sogar unser Kinderwagen keinerlei Probleme hatte.
Ja, dieser See hat sogar mehr, als man erwarten kann: Am entgegengesetzten Ende leuchtete uns schon die ganze Zeit ein roter Sonnenschirm entgegen. Dort befindet sich ein kleines Häuschen, wo es Getränke und einfache Speisen gibt. Dort ließen wir es uns dann länger gutgehen, bis eine Wolkenwand aufzog, die uns zusammen mit allen anderen zu einem schnellen Aufbruch zwang. Aber als wir am Parkplatz ankamen, schien schon wieder die Sonne. Die Kinder bekamen noch ein Eis und das Leben war schön!