München – mehr als ein Biergarten

Ich bin in München – hab`s zuhause nicht mehr ausgehalten – die Erziehung zweier Hunde ist auf Dauer doch zu öd. Aber warum München? Weil ich allein bin, einer muss schließlich weiter erziehen. Und in München – da leben Sohn Johannes und Freundin Sabine auf schicken 100 Quadratmetern in München-Giesing, also praktisch in der Innenstadt und mit viel Platz für mich! Diesen wunderbaren Umstand hatte ich bisher noch nie ausgiebig ausgenutzt. Doch jetzt ist es soweit! 5 Tage München stehen an, die ich allein mit mir verbringen werde, in meinem Tempo und mit meinen Interessen, mal was ganz Neues also. München – ich komme!

Montag, 16.9. Althaidhausen – Residenz – Englischer Garten

Über die Anfahrt am Sonntag ist nicht viel zu sagen: Deutsche Bundesbahn, kam schon 20 Minuten zu spät, und da ich diese Art des Reisens nicht gewohnt bin, war ich dummerweise auch 20 Minuten zu früh da , also alles in allem begann die Reise schon mal gut durchgefroren. Ansonsten war es ganz nett, natürlich muss man relativ bewegungslos 5 Stunden sitzen und sich auf jeden Fall vorher entscheiden, ob man die Jacke anbehalten oder ausziehen will, schließlich will man den Umsitzenden ja nicht unbedingt seine Arme ins Gesicht schlagen, und ständig rumkruscheln kann man auch nicht, aber mit einem guten Buch und viel Kaffee und Schoki lässt sich das Ganze durchaus ertragen. Muss man im Flugzeug ja auch, aber da gibt es auch keine Alternative! Auf jeden Fall weiß ich jetzt wieder, warum ich eine passionierte Autofahrerin bin! CO2 hin und CO2 her!

Montagmorgen besorgte Sohn mir zuerst einmal per App eine Wochenkarte für die Münchner Verkehrsbetriebe (20 Euro), allein hätte ich es nicht geschafft, aber so war es super! Und beschloss für mich, dass ich mir vor allem auch ansehen müsste, wie Menschen in München leben, also nicht nur die wirklich relativ kleine Innenstadt mit ihren Sehenswürdigkeiten, sondern vor allem auch die Stadtteile, und er schlug mir für den Beginn Althaidhausen vor, weil halt ganz in der Nähe und mit der Tram – denn so wollte ich mich hauptsächlich vorwärts bewegen, um möglichst viel zu sehen – in 4 Stationen zu erreichen. Also los geht`s!

Ausgestiegen bin ich am Rosenheimer Platz – über den muss man kein Wort verlieren. Aber knapp 100 m weiter durch eine kleine, autofreie Straße kam ich auf den entzückendsten Platz von ganz München: den Weissenburger Platz, als Rondell angelegt, von Bäumen umstanden, dann kommen Blumenrabatten und Bänke und in der Mitte der sehr hübsche Brunnen, der einst im Alten botanischen Garten stand. So etwas von hübsch! Seht selbst!

Weiter geht`s dann zum Pariser Platz (auch sehr nett und rondellig) und schließlich zum Bordeauxplatz …. Ihr merkt was? Wir befinden uns im sog. Franzosenviertel, dessen Entstehen in den 1870ern mit dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges zusammenfiel. Heute gibt es jedoch dort eine solche Menge an französischen Restaurants, Bäckereien und Cafe´s, dass ich eher an einen kulinarischen Entstehungsgrund gedacht habe. Dann kam ich zum Johannisplatz mit der dazugehörigen riesigen Kirche, manches scheint mir hier doch etwas groß ausgefallen sein.

Manches dagegen auch recht winzig: ein Kennzeichen dieses Viertels waren einst die kleinen Herbergshäuser, von denen noch einige heute zu sehen sind und neu renoviert wirklich hübsch wirken. Damals war die Welt allerdings anders: die etwa 490 kleinen Häuschen, die es damals gab, enthielten an die 1000 Wohneinheiten und waren die Unterkunft für das vorindustrielle Proletariat, also Wanderarbeiter, kleine Handwerker, Tagelöhner. Es war eng ohne Ende, es gab keine Kanalisation und feucht waren die Häuschen auch, also hygienisch ein Chaos, aber es war zum ersten Mal, dass Menschen Wohneigentum erwerben konnten, ohne Grund zu besitzen: Es waren praktisch die ersten Eigentumswohnung. Und das machte für die damaligen Besitzer alle hygienischen Mängel wett: es gab keinen Vermieter, der sie einfach rausschmeißen konnte.

Am Maximilianeum entlang, wo der Bayrische Landtag tagt, wanderte ich hinunter an die Isar und überquerte sie an der Maximiliansbrücke. Zum Maximilianeum habe ich auch eine kleine interessante Geschichte gelesen: Dort gibt es nämlich eine Studenten-WG: die sechs besten Abiturienten Bayerns dürfen sich um ein Zimmer dort bewerben, 1,0 Notendurchschnitt ist Voraussetzung und dann müssen sie noch ein irres Testverfahren durchlaufen z.B. müssen sie 10 bayrische Wiesenblumen mit ihrem Namen erkennen. Unglaublich, aber wahr! Und es gibt wirklich solche Menschen!

Auf der anderen Isar-Seite steht das Max-Denkmal, rechts davon das imposante Gebäude der Oberbayrischen Regierung und links das imposante Gebäude des Museums der Fünf Kontinente, nun ja! Wem`s gefällt!

Und dann beginnt die Maximilianstraße, die Straße der Reichen (und vielleicht manchmal auch Schönen). All die Namen, die ich in Rom von der Via Condotti her kenne, ich fand sie auch hier in München. Von daher hat es mich nicht furchtbar erstaunt, ich habe nur geschaut, dass ich dieses Pflaster so schnell wie möglich verlasse. Und siehe da, in einer kleinen Nebenstraße fand ich etwas viel Schöneres: die Allerheiligen-Hofkirche und neben an diesen entzückenden kleinen Wassergarten .

Die Buslinie 154 fährt mitten durch den Englischen Garten und hat eine Haltestelle genau am Chinesischen Turm. Wow, wie gemacht für mich! Zwar ist die Haltestelle mitten im Wald, was ich im ersten Moment etwas unheimlich fand, aber knapp 100 m weiter war dann Münchens größter Biergarten rund um besagten Turm. Zwar ist die Biergartensaison schon lange vorbei, aber etliche Spaziergänger, Biker und Jogger waren selbst zu dieser Nachmittagsstunde noch rund um den Turm unterwegs. Ich verließ den Biergarten Richtung Monopteros, der in der untergehenden Sonne richtig leuchtete. Dann lag der Englische Garten wirklich zu meinen Füßen und die Stadt mit ihren Türmen wie ein Schattenriss am Horizont. Erst da wurde mir klar, dass ich wirklich noch ein ganzes Stück Fußmarsch vor mir hatte, bis ich die Stadt wieder erreichen würde.

Ich wollte auf jeden Fall noch bei der Eisbach-Welle vorbeischauen, wo Surfer schon mal für Hawaii üben können. Dazu musste ich ein ganzes Stück am Eisbach entlanglaufen und ich muss sagen, er hat wirklich ganz schön Fahrt drauf. Aber ich war dann doch etwas spät dran, gerade noch drei Surfer versuchten ihr Glück auf der Welle, und die waren alle drei nicht so die großen Könner, wie ich später noch merken sollte, aber beeindruckend war es schon!

Und wunderbarer Weise: Ich war kurz vor zuhause, als meine Armbanduhr plötzlich einen Lärm machten,dass ich fast glaubte, sie bekäme einen Herzanfall: Ich war soeben 10 Kilometer gegangen. Ich war begeistert, da ich ganz sicher war, dass ich das niemals mehr schaffen würde. Danke, München, du hast mich von mir selbst überzeugt.