Lübeck, die Mutter aller Hansestädte

Wir wollten mal wieder Stadtluft schnuppern. Wir entschieden uns für Lübeck, die Anführerin der Hansestädte. Genau wie Wismar und Stralsund, die sich den Titel allerdings teilen, ist sie Unesco-Weltkulturerbe. Lübecks Altstadt liegt auf einem Hügel(chen) und ist auf allen Seiten von der Trave umgeben. Sie ist ca. 2 km lang und 1 km breit, also auch von uns gut zu bewältigen. Am schönsten ist es, die Stadt durch ihr berühmtes Wahrzeichen, das Holstentor, zu betreten; haben wir natürlich nicht gemacht, sondern uns von hinten an die Stadt herangeschlichen, da gab es die meisten Parkplätze, ein unschlagbares Argument. Und so begannen wir unseren Stadtrundgang mit dem unspektakulärsten, aber für uns schönsten: Den Gängen und Höfen, in denen früher die Armen der Stadt wohnten, die Tagelöhner und Witwen.
Heute sind die winzigen Hinterhöfe blumenberankt und idyllisch, die Eingänge sind allerdings meist immer noch niedrig und schmal, sie mussten so breit sein, dass man einen Sarg hinaustragen konnte, wird erzählt. Es gibt heute noch ca. 90 dieser typischen Lübecker Gänge und wir sind in etlichen herumgekrochen.

Es gab darunter aber auch schon damals sehr ansehnliche Wohnanlagen, die für besser gestellte Witwen und Waisen vorgesehen war, z.B. der Glandorpshof oder der Füchtingshof. Man konnte dort auf Lebenszeit kostenlos wohnen. Beide sind nach ihren Stiftern benannt, die sich damit bei Gott einschmeicheln wollten.

Nach all diesem Hof rein – Hof raus, Gang rein – Gang raus, brauchte ich dringend einen Kaffee. In Lübeck, nein in Lübeck gehört es nicht zu den 10 wichtigsten Dingen ein Fischbrötchen zu essen, in Lübeck muss man eine Nuss-Marzipan-Torte essen und zwar nicht irgendwo, sondern im Café Niederegger, der Ur-Manufaktur für Marzipan. Der Zuckerbäckergeselle Johann Georg Niederegger aus Ulm war Anfang des 19. Jh. so begeistert vom Marzipan, dass er die von ihm übernommene Konditorei in Lübeck ganz auf diese Leckerei umstellte. Er ist praktisch daran schuld, dass man bis heute bei Marzipan die Stadt Lübeck mitdenkt. Und ich kann euch sagen, sie war köstlich, die Torte. Mürbeteigboden, eine Nuss-Sahne-Masse und alles überzogen von einer Decke aus Marzipan – es war wirklich ganz, ganz ausgezeichnet. Leider machte ich den Fehler, dazu einen Milchkaffee mit Marzipan zu trinken. Danach hatte ich einen Marzipan-Schock und mir war noch stundenlang schlecht.

Das Cafè Niederegger befindet sich Gott-sei-Dank direkt am Rathaus, so dass wir dieses erstaunliche Gebäude problemlos mitbesichtigen konnten. Es gilt als das schönste Rathaus Deutschlands, nun ja, ich fand es etwas durcheinander, da noch ein Vorbau, dort noch ein Seitenbau, zum Markt hin ein Arkadengang mit riesigem gotischen Dachaufbau, auf der anderen Seite ein etwas muffeliger Laubengang, der allerdings dann wieder in einem sehr schönen Portal endet. Alles für sich genommen sehr schön, zusammen aber ein einziges Durcheinander. Man merkt, dass daran 200 Jahre lang gebaut wurde und sich der Stil im Laufe dieser Bauzeit von der Gotik zur Renaissance änderte. Aber beeindruckend ist es auf jeden Fall und das war, vermute ich, zu Hansezeiten auch seine Hauptaufgabe.

Von dort gingen wir dann über St. Petri zum Holstentor, ohne das geht ein Lübeck-Besuch nun wirklich nicht. Direkt neben dem Tor befinden sich direkt an der Trave die berühmten Salzspeicher. So konnten wir die auch noch besichtigen, bevor es leider leise zu tröpfeln anfing – blöde App, die für diesen Tag in Lübeck nur Trockenheit gemeldet hatte. Ich hatte nicht mal einen Regenschirm mit. So nahm ich die immer feuchter werdende Luft zuerst nicht ernst, was sich schließlich als ein Fehler herausstellte.

So rannten wir bei strömendem Regen die Breite Straße hinunter, am Heilig-Geist-Hospital vorbei (kurz das Handy hochgerissen und noch ein Foto gemacht) und erreichten klatschnass unser Auto. Nichts wie noch Hause, bevor uns noch die allgegenwärtigen Schnupfenviren (oder noch Schlimmeres) einholen.

P.S. Und zum Schluss noch ein Foto von meinem süßen Teufelchen an der Marienkirche, an der wir auch vorbeirannten. Ewald ist allerdings der festen Überzeugung, dass das überhaupt kein Teufel ist (obschon es auf einer Tafel daneben geschrieben stand), sondern die Verkörperung von Meister Tumnus aus den Legenden von Narnia.