Wismar – Hansestadt und Unesco-Weltkulturerbe

In unserem Herbsturlaub 2022 haben wir auch Wismar besucht, der vielgerühmten Hansestadt und UNESCO- Weltkulturerbe, weil sie noch ein geschlossenes mittelalterliches Stadtbild besitzt, praktisch die Urform einer Hansestadt darstellt. Ich hatte im Vorfeld per Internet einen kostenlosen Großparkplatz, direkt am Alten Hafen, gefunden. Es war wie immer bei allem kostenlosen: die anderen wussten es natürlich auch. Der Parkplatz war so zugestellt, dass ich Blut und Wasser schwitzte, bis ich unser Auto wieder heil heraus manövriert hatte. Daneben war ein halbleerer wunderbarer Parkplatz, wo wir für gut angelegte 3 Euro den halben Tag stehen konnten. Manchmal darf man halt nicht am falschen Ende sparen! So war ich schon leicht genervt, als wir endlich am Alten Hafen standen. Die Nervosität musste ich zuerst einmal mit einem Fischbrötchen bekämpfen, die dort wie auch in Stalsund vom Kutter weg verkauft werden, was dann so den Eindruck erweckt, als wären sie auch mit diesem Kutter am Morgen gefangen worden. Nun gut, wir aßen Bismarckhering, da war sowieso klar, dass der aus irgendeinem Fass kam. So gestärkt – es war natürlich Mittagszeit, als wir in Wismar einliefen –wandten wir uns dann den Sehenswürdigkeiten des Hafens zu und spazierten die Hafenmole entlang bis zum Baumhaus. Das heißt nicht etwa so, weil es in einen Baum gebaut wäre, sondern weil früher zur Nacht und bei Gefahr ein Baumstamm an einer Kette über den Hafeneingang gezogen wurde und dieser damit unpassierbar wurde. Die Männer, die das machten, wohnten im sog. Baumhaus. Heute ist es ein Museum.

Es stehen zwei hübsche Schwedenköpfe davor, die früher die Fahrrinne des Hafens markierten. Wismar war 200 Jahre (1632 – 1803) lang von Schweden besetzt, das hat natürlich seine Spuren hinterlassen. Das war gut für den Handel, aber schlecht bei Krieg. Schweden war zu weit weg, um seine Außenstelle gescheit zu verteidigen. So wurde Wismar im Großen Nordischen Krieg (1719) fast vollkommen zerstört. Nie vorher etwas von diesem Krieg gehört – da sieht man mal wieder: Reisen bildet!!

Spalteninhalt

Im Hafen liegt normalerweise auch die Wissemara, die genaue Nachbildung einer Hansekooge, die man vor der Insel Poel in der Ostsee gefunden hat. Ewald hätte sie sehr gern gesehen, aber sie war gerade auf Tour. Fast jeden Morgen segelt sie (mit zahlender Besatzung natürlich) hinaus aufs Meer und kommt erst gegen 14 Uhr wieder zurück. So lange wollten wir dann doch nicht warten. So gingen wir durch das letzte erhaltene Stadttor, das Wassertor, hinein in die Stadt und bogen gleich nach rechts in die Straßen „Am Lohberg“. Dort befindet sich nämlich neben einigen schönen Bürgerhäusern die älteste Brauerei der Stadt. In Wismar gab es einst viele Brauereien. Als im Bezug auf Getreidelieferungen die anderen Hansestädte Wismar den Rang abliefen, entschloss man sich dort, einfach das veredelte Produkt auszuliefern: Bier. Kluge Menschen, die Wismarer.

So gelangten wir an die „Grube“, den ältesten Kanal Deutschlands, der den Mühlenteich auf der anderen Seite von Wismar mit der Ostsee verbindet und schon im 13. Jh. angelegt wurde. Er versorgte die Stadt mit Frischwasser und auf ihm wurden auch Waren vom Hafen bis in die Stadtmitte getreidelt. Über die Mündung der „Frischen Grube“, so heißt sie an dieser Stelle, in den Hafen spannt sich das schönste Haus Wismars (so sagt man, mir war es ein bisschen zu rosa, ist halt nicht meine Farbe). Es heißt „das Gewölbe“, warum, kann man gut erkennen.

An der Grube entlang spazierten wir bis nach St. Nikolai und dem Schabbellhaus. Schabbell war ein Brauereibesitzer, Ratsherr und Bürgermeister von Wismar, der sich da ein repräsentatives Stadthaus hinstellen ließ, in dem heute das Stadtmuseum ist. An St. Nikolai faszinierte uns besonders der Südgiebel, ein Schmuckgiebel aus glasierten Backsteinfliesen und dunkleren Terrakottafliesen mit einer Schmuckrosette darüber. Das sah so genial aus! Leider war es aufgrund der Entfernungen und der Lindenbäume von mir nicht zu fotografieren.

Dort führte die Schweinebrücke über die Grube mit vier süßen kleinen Schweinchen. Niedlich!

So gelangten wir schließlich auf den vielgerühmten Marktplatz, der der größte in ganz Norddeutschland sein soll. In der östlichen Ecke steht die „Wasserkunst“, ein damals (1600) architektonisches wie technisches Wunderwerk. Es ist ein Renaissance-Brunnenhaus, aber das Wesentlichere war, dass das Wasser mit Holzrohren von einer vier Kilometer entfernten Quelle dort hineingeleitet wurde und dann die einzelnen Bürgerhäuser und die öffentlichen Schöpfstellen speiste. Was das eine Arbeitserleichterung für die Menschen gewesen sein muss! Auch gerade für die ärmeren Bevölkerungsschichten. Ansonsten ist dort auf dem Markt ein Haus schöner als das andere, das klassizistische Rathaus steht an der einen Seite, und an der anderen das älteste Haus der Stadt, der „Alte Schwede“. Es hat einen wirklich prächtigen gotischen Stufengiebel, das Kennzeichen eines stolzen Hansehauses. Die „Wasserkunst“ und der „Alte Schwede“ sind die beiden Wahrzeichen Wismars. Den Eindruck des Marktplatzes mussten wir dann noch bei einem Kaffee und einem Stück Torte in der noch scheinenden Sonne vertiefen. Es war wirklich noch schön angenehm warm.

Dann machten wir uns über die Lübsche Straße, eine der wichtigsten Einkaufsstraßen Wismars, auf den Heimweg. Dort hat übrigens das Imperium Karstadt seinen Anfang genommen. Rudolph Karstadt eröffnete 1881 dort einen Laden und hatte eine für uns ganz normale, aber damals sensationelle neue Idee: Die Waren sollen billig sein, aber es gibt einen Festpreis und dieser muss bar bezahlt werden, kein Feilschen mehr und kein Anschreiben. Und wie wir heute alle wissen: die Idee setzte sich durch! So, das nur, weil ich es immer so interessant finde, wie etwas, das wir als völlig normal empfinden, entstanden ist. Von den drei großen, wichtigen Kirchen Wismars haben wir uns keine angeschaut, aber es soll durchaus empfehlenswert sein. Wir hatten unsere Lieblingskirche ja schon am Vortag gefunden.