München – hoffentlich immer wieder!

Unser Sohn wohnt schon etliche Jahre in München, ohne dass die Größe seines Zimmers in diversen WG`s einen Besuch jemals möglich gemacht hätte. Jetzt endlich ist es soweit: Mit seiner Lebensgefährtin hat er eine große Wohnung im Zentrum von München bezogen, die jede Menge Besuch zulässt. So bekamen wir dieses Jahr zu Weihnachten von ihm einen Besuch in der Städtischen Galerie Lenbachhaus zu der Ausstellung „Gruppendynamik – der blaue Reiter“ geschenkt. Und als dann Mitte Januar noch die neue Küche kam, konnten auch wir kommen. Donnerstag, den 28.1., waren wir den ganzen Tag damit beschäftigt, über verschiedene Besuche bei Verwandten, die nahe der jeweiligen Autobahn wohnten, München zu erreichen, was uns in den frühen Abendstunden dann auch gelang. Nach einer leckeren Veggie-Vesper und etlichen Weinchen sanken wir gegen 23 Uhr geschafft ins Bett.

Freitag, 28. Januar 2022

Unser Sohn hatte uns die Eintrittskarten für die Ausstellung im Internet besorgt (5.- Euro für Rentner!) und so zogen wir morgens um 10.00 Uhr los, um München zu erobern. Der 1. Widerstand bot sich uns schon in der U-Bahn. Welche Fahrkarte ist jetzt am günstigsten? Nachdem wir den einzigen Fahrkartenautomaten lange genug blockiert hatten, bot uns ein netter Mensch seine Hilfe an und schnell wurden wir mit einer Tagesgruppenkarte fündig. Für alle, die auch mal in München vor diesem Problem stehen: Wenn zwei Menschen vorhaben mehr als 4mal am Tag ein Öffi zu benutzen, lohnen sich die 15,40 Euro für diese Art von Karte. Am Königsplatz erreichten wir wieder die Erdoberfläche und sahen uns einem beeindruckenden Bauwerk gegenüber, den Propyläen. Es ist eine Art Tempeleingang, den Propyläen der Akropolis nachempfunden, das letzte rein klassizistische Bauwerk Münchens. Ansonsten aber so schön wie sinnlos, meint der Reiseführer. Kann ich verstehen, weil dahinter kommt einfach kein Tempel, sondern nur ein viereckiger Platz mit diversen Museumsbauwerken. Freundlich interessiert überquerten wir davor die Straße und näherten uns unserm eigentlichen Ziel, der städtischen Galerie Lenbachhaus.

Nach den üblichen Corona-Einlass-Zeremonien – die in München, das muss man sagen, sehr ernst genommen werden – durften wir das Gebäude betreten, gaben unsere Mäntel bei einem überaus netten Menschen im Kellergeschoss ab und konnten in die Ausstellung. Ja, war ganz nett! Leider hielten wir uns viel zu lange im 1. Stock auf, wo lang und breit alle KünstlerGruppen, die sich Anfang des letzten Jahrhunderts überall in der Welt zusammen fanden, aufgezählt und ihre Arbeitsweise erklärt wurde. Erst im 2. Stock waren dann die Bilder des Blauen Reiter, wegen denen wir ja gekommen waren, ausgestellt. Das war dort natürlich toll für uns! Wobei nur zwei Bilder von Ewalds geliebter Marianne von Werefkin ausgestellt waren! Aber eins davon hatten wir immerhin noch nie gesehen! Aber nur zwei Bilder neben Hunderten Kandinskys und Münters. Das war natürlich völlig unglaublich, da ‚et Marianne‘ – wie sie im Kreis unserer Familie genannt wird – doch lt. Ewald diejenige war, die in ihrem Münchner Salon die übrigen Gruppenmitglieder mit den geistigen Inhalten versorgte, die dann in dem berühmten Almanach und in den Bildern der Gruppe ihren Ausdruck fanden. Wie immer und überall – außer in Ascona – wird’s Marianne halt nur ganz nebenbei erwähnt. Ewald’s Verehrung und Empörung verstehend muss ich natürlich schon sagen, dass Werefkin und Jawlensky niemals Mitglied im Blauen Reiter waren, sondern nur in der Vorgänger-Gruppe ‚Neue Künstler-Vereinigung München‘. Und dass natürlich Gabriele Münter zu ihrem 80ten Geburtstag ihren gesamten Nachlass an Kandinskys und ihren eigenen Werken dem Lenbachhaus stiftete, während Werefkins Werke in Ascona blieben. Das Lenbachhaus hat halt nicht so viele Werefkins, dass es sie endlos ausstellen könnten. Kann man ja verstehen, aber Ewald war halt wieder mal enttäuscht, dass die Kunstwelt seine verehrte Malerin einfach nicht würdigt!!! Aber mein geliebter ‚Tiger‘ war da, an dem ich mich nicht satt sehen kann, und zumindest ein kleines Bild von der „Gelben Kuh“, beide von Franz Marc. Damit war ich zumindest schon wieder glücklich! Nach drei Stunden hatte sogar Ewald genug und wir verließen zufrieden den Ort des Geschehens.
Nachdem der geistige Hunger ausgiebig gestillt war, meldete sich der Körperliche: Wir sind in München, also jetzt eine Fleischkäse-Semmel! Sorry an alle Bayern: Fleischkas-Semmel! Wir fuhren zur U-Bahn-Haltestelle „Sendlinger Tor“ und gingen in die Altstadt. Der erste Schneeschauer trieb uns in die Assam-Kirche, das Kleinod unter den Münchner Kirchen. Das Innere kann man zwar nur durch ein Gitter bewundern, aber nachdem wir durch unsere beschlagenen Brillengläser aufgrund der aufzusetzenden Masken wieder sehen konnten, war alles wirklich schon sehr golden, sehr Rokoko und sehr dämmrig! Wer’s mag, kommt hier sicher auf seine Kosten! Wir nahmen dann doch lieber wieder den Schneesturm auf uns. Und das Hacker-Bräu, das wir anzielten, hatte natürlich Betriebsferien bis 7. Februar. Der Schnee ging in kleine, feste Graupel über. Egal, die nächste Filiale von VinzenzMurr und drei leckere Fleischkas-Semmeln waren unser – drei allerdings nur, weil die Frau die Zahl wegen der Masken falsch verstanden hatte, aber sie waren alle drei lecker und gingen gut runter! Als wir die Metzgerei verließen, regnete es nur noch – immerhin kein Schnee mehr. Wir retteten uns in die nächste U-Bahn und fuhren nach Hause. Auf dem Weg von der U-Bahn zur Wohnung schien dann wieder die Sonne – die Welt ist einfach ungerecht!

Am Abend gingen wir noch in den Paulaner am Nockherberg, eine der vielen urigen Brauerei-Gaststätten, die München zu bieten hat. Ewald aß, wie immer, einen Burger, aber der war normal-lecker, nicht so, dass man ihn beschreiben müsste. Meine Spare-Ribs waren superzart und hatten genau den richtigen Barbecue-Geschmack, nicht zu viel und nicht zu wenig. Aber der Knaller war die Veggie-Brotzeit, die Sabine bestellt hatte. Die war so etwas von überaus reichlich und lecker, dass wir alle noch mitnaschen und dann noch was einpacken mussten. Also durchaus zu empfehlen, der Paulaner am Nockherberg. Vor dem Lokal ist übrigens noch eine Aussichtsplattform, von der man einen tollen Blick über die nächtliche Stadt hat. Über den weiteren Verlauf der Nacht möchte ich nichts berichten. Es war noch sehr lang und meine Leber war bestimmt nicht glücklich darüber, aber ich schon!

Samstag, 29. Januar

Wir sind in München – also muss der Tag mit einem leckeren Weißwurst-Frühstück beginnen! Und so machten wir uns schon zeitig auf zum Gärtnerplatz, in dessen Nähe uns unser Sohn die „Deutsche Eiche“ empfohlen hatte. Und die Empfehlung war top! Wir speisten überaus lecker und waren danach sofort in der Altstadt.

In München hat man als Tourist Glück: Die Altstadt ist klein, kompakt und gut überschaubar. Das liegt daran, dass im Mittelalter München ein unbedeutendes Dorf war, das aber schon einen Mauerring hatte, der heute das innerste Zentrum bildet. Der spätere 2. Mauerring entspricht dem Altstadt-Ring, der heute das Zentrum umschließt. Also ganz einfach: Einmal über den Altstadtring und du bist drin! Bei unserem Weißwurst-Frühstück waren wir schon drin und so waren es nur ein paar Schritte bis zum Viktualienmarkt, wo es Leckereien über Leckereien gibt. Gott sei Dank waren wir gut gesättigt und konnten unseren Kaufrausch dadurch beherrschen. So schlenderten wir über den Platz und besuchten wir einige der kleinen Brunnen, die über den Platz verteilt sind und Münchner Originale zeigen.

Danach war die daneben liegende HeiligGeistKirche unser nächstes Ziel. Im frühen Mittelalter war der ganze Platz davor ein Kloster mit großem Spital gewesen, ein Zufluchtsort für alle Armen, Kranken, Obdachlosen der kleinen Stadt. 1327 vernichtete der große Stadtbrand den gesamten Komplex. Danach entstand hier die älteste Hallenkirche Münchens und ein weiteres Spital, das dann in der Säkularisierung Platz für den Viktualienmarkt machen musste.

Von dort sind es nur noch ein paar Schritte durch die Unterführung am Alten Rathaus und am Spielzeugmuseum vorbei und wir standen auf dem Marienplatz, dem Zentrum der Stadt mit dem vollkommen überladenen neobarocken Rathaus, das m.E. überhaupt nicht hierher passt. Aber das ist in diesem Fall wahrscheinlich meine alleinige Meinung. Den Mittelpunkt des Platzes bildet die Mariensäule. 1854 gab es eine böse Cholera-Epidemie in München, darauf weihte man den ganzen Platz der Muttergottes und siehe da: die Epidemie kam zum Erliegen. Es könnte aber auch daran gelegen haben, dass man zeitgleich die Kanalisation erneuerte. Alles eine Frage der Sichtweise, wie immer!

Dann schlenderten wir die Weinstraße entlang. Sie war schon immer eine bedeutende Straße, alles andere waren nämlich Gassen. Man glaubt es kaum: Bis ins 16. Jh. hinein trank man in München ausschließlich Wein, italienischen Wein für die gehobene Schicht, griechischen Wein für die noch besser Gestellten. Fusel vom Tegernsee, gemischt mit Wasser, für das gemeine Volk. Dann machten wir noch einen kurzen Abstecher zur Frauenkirche, dem Münchner Dom. Mit seinen zwei „Welschen Hauben“ ist er das überall sichtbare Wahrzeichen von München. Innen ist er eher nichtssagend, eine gotische Hallenkirche halt.

Heute schneite und regnete es zwar nicht, aber ein wirklich scharfer, eisiger Wind wehte durch die engen Gassen, so dass wir uns dann nach vier Stunden doch in die nächstgelegene U-Bahn flüchteten. Okay, wir haben nur einen winzigen Teil Münchens gesehen, aber wir kommen ja wieder, bevorzugt dann aber im Sommer. Wir haben ja jetzt für die nächsten Jahre in München eine Dependance.