Entlang der Ostsee – Usedom

Vorbereitungen

Die Ostseeküste von Mecklenburg-Vorpommern stand im Herbst auf unserem Programm: Usedom, Rügen, Fischland-Darß-Zingst – eine überaus beliebte Ferienregion.
Obwohl wir in der Nachsaison fahren werden, haben wir uns doch vorsichtshalber mit den Campingplätzen festgelegt und reserviert. Nach einer anstrengenden Hinfahrt dann noch einen Platz suchen, ist nicht unser Ding. Außerdem haben wir ja auch Ansprüche: Das Badehaus muss in einwandfreistem Zustand sein, der Platz darf nicht zu groß sein und sollte nicht zu nah am Strand liegen wegen des Sandes: Seit einem dreiwöchigen Sylt-Urlaub mit unseren damals noch vier kleinen Kindern habe ich eine Sandallergie: keine Sandkörner in meinen Kleidern und in meinem Bett haben hohe Priorität. Vielleicht sollte man dann überhaupt nicht ans Meer fahren? Ich habe mich auch lange gedrückt, aber wir waren noch nie an der Ostsee und sie soll ja so schön sein. Wir haben uns nach langem Suchen – es gibt wirklich sehr viele Campingplätze an der Ostsee – für „Am Sandfeld“ in Koserow auf Usedom, „Dat Stranddörp“ auf der Halbinsel Mönchgut/Rügen und für den Campingplatz „Am Freesenbruck“ in Zingst entschieden. Ob das gute Entscheidungen waren, werden wir noch sehen.
Die 2. wesentliche Vorbereitung war der Kauf eines Maulkorbs für unsere ach so gefährliche Lucy. Sie ist leider minimal größer als eine Katze (was in der Verordnung der Bahn der Vergleichswert ist), wobei das – finde ich – auf die Katze ankommt, aber ich werde mich weder mit dem Schaffner in der Usedomer Bäderbahn noch mit dem im „Rasenden Roland“ auf Rügen über Katzengrößen streiten. Leider hat Lucy keinerlei Einsicht in die Notwendigkeit, sich das Maul zubinden zu lassen, und auch stetes Training und viele Leckerlis haben daran nichts geändert. Wir haben beschlossen, wir hängen ihr das Teil einfach um den Hals und wenn jemand was sagt, sind wir unglaublich erstaunt und haben gar nicht bemerkt, dass sie es sich schon wieder ausgezogen hat. Tierquälerei!!!

18. Oktober Anfahrt

Wir haben beschlossen, die 840 km bis Usedom in aller Ruhe anzugehen, schließlich sind wir im Urlaub und nicht auf der Flucht. Also übernachteten wir auf dem Campingplatz „Oytener See“ in Bremen, den ich jedem als Übernachtungsplatz in Richtung Norden nur empfehlen kann. Man kann sich nämlich im vorderen Bereich einfach samt Auto und Campingwagen angespannt hinstellen, bezahlen und am nächsten Morgen zu jeder Zeit – es gibt keine Schranke – weiterfahren. Billig ist anders, aber praktisch! Wir kombinieren es immer mit einem Besuch bei dem „Daisy’s Diner“ direkt an der Autobahnausfahrt, dann hat man dann gleich noch zu Abend gegessen und Burger sind ja unsere Spezialität (Burgerkritik kann unter dem Menuepunkt ‚Essen‘ nachgelesen werden).

Im Nachhinein zeigte sich, dass das eine gute Entscheidung war: Die beiden großen westlichen Autobahnen nach Norden (A61/A1 und A3) waren nämlich an diesem Samstagmorgen leider beide gesperrt (der Himmel weiß, wer das wieder entschieden hat!) und bis um die Mittagszeit hatten wir gerade mal die ersten 100 km bis Köln geschafft. Wenn wir vorgehabt hätten, an diesem Tag bis Usedom zu kommen, wäre ich zu dem Zeitpunkt bereits am Ende meiner Nerven gewesen, aber so war alles locker. Nach einer ausgiebigen Mittagspause liefen die dreihundert letzten Kilometer dann auch ohne eine Problem, genauso wie am nächsten Tag die 414 km bis Koserow auf Usedom.

19. Oktober Koserow

Dank Navi fanden wir den Campingplatz „Am Sandfeld“ ohne ein Problem und wurden überaus freundlich von einem jungen Mann empfangen, der nicht nur freundlich, sondern auch kompetent war und alle Formalitäten bereits erledigt hatte. Eine Unterschrift später konnten wir das Büro beladen mit unseren Kurkarten, einem Lageplan und einem Kärtchen mit dem WLAN wieder verlassen: So schnell hatten wir noch nie eingecheckt. Der Platz liegt in einem Kiefernwäldchen und ist natürlich sandig, aber auf unserem Standplatz gibt es durchaus auch Rasen.
Außerdem war er vollsonnig, was wir in der kurzen Zeit merkten, wenn die Sonne schien. Wir hätten schön draußen sitzen können, wenn wir nicht so zwei Weicheier wären, denn der Wind wehte natürlich auch dann noch recht ordentlich.

Nach einem vorgekochten Abendessen gingen wir noch einen ersten Blick auf die Ostsee werfen. Der Wind wehte ordentlich und wir konnten von einem Aussichtspunkt aus auf den schmalen Strand und das Meer schauen.

250 m weiter sollte es eine steile Treppe hinunter zum Strand geben, aber nach diesem Blick auf das Meer gab es keinen ersichtlichen Grund, uns und unserem Hund diese Treppe anzutun. Zum Schluss hätte wir ihn vielleicht noch hochtragen müssen! Da erschien es uns doch passender, zu einem Schlummertrunk in das neben dem Campingplatz liegende Restaurant „Zum Seeräubär“ zu gehen. Es war gut besucht und die Speisekarte überzeugte uns, dort auch mal zum Abendessen hinzugehen. An diesem Abend taten aber zwei überaus leckere Weine das Ihrige, dass wir uns uneingeschränkt wohl fühlten und die nötige Bettschwere erreichten.

20. September Kaiserbad Bansin versus Bernsteinbad Koserow

Wo fangen wir an? Auf Usedom einfach zu beantworten: In Bansin, Heringsdorf oder Ahlbeck. Die drei relativ kleinen Orte haben sich zu einer Gemeinde zusammengeschlossen, eine gemeinsame Strandpromenade angelegt und nennen sich seitdem die „Kaiserbäder“. Klingt ganz schön bedeutsam! Und nur, weil Kaiser Wilhelm II hier regelmäßig seinen Sommerurlaub verbrachte. Wir fuhren nach Bansin, ganz einfach, weil es unserem Campingplatz am nächsten lag, und fanden auch einen Parkplatz in der Nähe der autofreien Promenade. Diese spazierten wir dann entlang. Das Wetter war angenehm zum Bummeln, ab und zu blitzte die Sonne durch die Wolken und ein frischer Wind wehte. Aber das ist halt so am Meer! Besonders gefielen uns die Dahlienbeete, die sich als bunte Bänder zwischen den Gehwegen entlang zogen.

Natürlich gingen wir in Richtung Seebrücke, die nun aber wirklich nichts Besonderes war: Aus Holz und Metall, ohne jeden Schnickschnack strebte sie zielgerichtet auf’s Meer hinaus. Okay, sie war ganz schön lang (285 m), aber wir sahen keine Notwendigkeit, bis ans Ende zu gehen. Wie ich gelesen habe, ist sie erst 1990 errichtet worden, nachdem das Ursprungsmodell aus der Gründerzeit abgerissen werden musste. Also, da hätte man sich schon was Bedeutsameres ausdenken können. Jedoch der Blick auf den Strand mit den weißen Häuserreihen dahinter war sehr schön.
Schön anzuschauen war auch die berühmte Bäderarchitektur. Bansin wurde extra als Badeort 1897 gegründet und so steht an der Promenade und auch im Ort eine wundervolle Villa neben der anderen, ein geschlossenes Ensemble. Alle sind sie neu renoviert, höchstens 20 Jahre alt. Das ist schon sehr, sehr schön anzuschauen beim Vorbeiflanieren.
Nachdem wir noch ein wenig durch den Ort spaziert sind und einen Kaffee getrunken hatten, hatten wir den Eindruck, alles gesehen zu haben. Wir gingen noch kurz am Ufer des Schloonsee entlang, das fand ich viel idyllischer als am Meer. Aber dann rief uns schon die Parkuhr wieder ans Auto zurück.

Bansin? Kann man mal gesehen haben, muss man aber nicht! Als wir gegen 10.00 Uhr in Bansin ankamen, war noch nicht so viel los, aber es schien, als strömten mit jeder Minute mehr Menschen hinzu. Also, es war noch angenehm, man will ja auch nicht allein auf so einer Promenade sein, aber es ist Nebensaison! Die Vorstellung, was hier im Sommer abgeht, hat uns doch sehr erschreckt. Das wäre ganz und gar nicht unser Ding! Und auch jetzt musste man schon ziemlich aufpassen, nicht von einem Fahrradfahrer überfahren zu werden. Gott sei Dank, gab es auf der Promenade unterschiedliche Wege für Radfahrer und Fußgänger , aber auf den teils schmalen Zugängen zur Promenade war es echt lebensgefährlich, zumindest für Lucy. Aber wer gerne Häuser aus der Gründerzeit anschaut, der ist hier auf jeden Fall am richtigen Ort. Da hat Bansin echt etwas zu bieten.

Nachmittags wollten wir nicht mehr so weit weg und fuhren einmal die Hauptstraße in Koserow entlang bis zur Seebrücke. Ich gehe davon aus, dass wir damit alles gesehen hatten, was dieses Dorf zu bieten hat. Aber auch hier gab es viele Menschen und die saßen bevorzugt in den Cafès rund um eine Ausbuchtung der Straße, die ich als Marktplatz zu erkennen glaubte, aber sicher bin ich mir nicht.
Also… wir fuhren Richtung Seebrücke und fanden dort auch sofort einen kostenfreien Parkplatz (staun!). Und die Seebrücke in Koserow, ja, die war ein ganz anderes Ding als die in Bansin. Natürlich auch nicht alt (Holz wird nun mal morsch im Lauf eines Jahrhunderts), aber die hier ist schon die 3. Brücke an dieser Stelle und funkelnagelneu: Am 22. Juni diesen Jahres eingeweiht! Und ich finde, echt super für so einen kleinen Ort, da haben sie sich aber ziemlich reingehängt!

Die Seebrücke verläuft nicht gerade, sondern wellenförmig und endet nach 300 m in einem viereckigen, großen Plateau, wo – wie ich gelesen habe – Veranstaltungen und sogar Trauungen stattfinden können. Ein großes Stufenpodest befindet sich dort, wo viele Menschen Platz finden können, und sogar einen 8m hohen Glockenturm mit zwei großen, schweren Glocken haben sie da hingebaut. Also, da wurde sich echt was überlegt, wir fanden das super! Also, die Seebrücke in Koserow, die kann ich euch wirklich empfehlen, wenn ihr mal zufällig in der Gegend seid.
Es war nicht richtig viel los auf der Seebrücke – die Menschen saßen ja alle im Café – und auf dem Plateau stand eine kleine Ape (Ewald’s Lieblingsauto) und ein Mann verkaufte Getränke. Leider hatte er keinen Kaffee im Angebot, so bestellte Ewald sich einen Grog und wir setzten uns auf das Podest und schauten auf die bewegte Ostsee. Schön war’s!
Beim Verlassen der Seebrücke sahen wir ein Schild, dass sich der Hundestrand direkt daneben befand, und da wollten wir unserer brav an der Leine gehenden Lucy mal etwas Freiheit ermöglichen. Sie war ganz und gar begeistert, zumal sie dann auch noch einen Hundefreund fand, mit dem sie über den Strand sauste. Nur das Meer, das war ihr, die absolut wasserscheu ist, doch sehr seltsam. Immer wieder rannte sie auf die Wellen zu, um dann blitzschnell wieder zurück zu weichen, damit sie ganz sicher keine erwischte. Nur zur Erklärung: der schwarze Punkt in der Bildmitte des 1. Bildes ist Lucy und kein Seegras und auch keine Wasserratte!
Dann besuchten wir noch die zweite Koserower Touristenattraktion, weil sie sich genau neben der Seebrücke befindet: die Salzhütten. Die arme Inselbevölkerung bekam in den Jahren 1815-45 steuerfrei Salz geliefert, damit die Heringe eingesalzen und so für den Winter haltbar gemacht werden konnten. Das wurde in den Hütten gelagert. Später lagerten die Fischer darin ihre Arbeitsmaterialien und Netze. 1987 wurde das Ensemble unter Denkmalschutz gestellt und ist heute so eine Art Freilichtmuseum. Ich mag so touristisch angehauchte Orte nicht so besonders, wollte aber eines der hochgerühmten Fischbrötchen essen, die es dort geben sollte. Leider schloss die entsprechende Fischräucherei schon um 16.00 Uhr. Naja, morgen ist auch noch ein Tag.

An diesem Abend wollten wir unser Abendessen beim „Seeräubär“ einnehmen, die Speisekarte zog uns geradezu magisch an und wir wurden nicht enttäuscht.

         Ich bestellte ein Schnitzel au four, das war mit der ostdeutschen Spezialität Würzfleisch und Käse überbacken, Beilagen konnte man frei wählen, ich wählte natürlich Pommes, das passt einmalig zu Schnitzel. Ewald bestellte den Calimero-Burger mit einem Spiegelei drauf, dazu Kartoffelwedges und einen Knoblauch-Dip. Es war alles so lecker und so viel, dass wir es nicht schafften und ein halber Burger noch mit nach Hause genommen werden musste. Wir können den „Seeräubär“ in Koserow nur empfehlen! Leider werden keine Tischreservierungen entgegen genommen, aber wenn man gegen 20.00 Uhr kommt, ist immer etwas frei.

21. September Wasserschloss Mellenthin

Wie schon erwähnt: Ich bin nicht so der Meer-Fan und der kleine Strandspaziergang gestern hatte mir schon wieder gelangt. Das Achterwasser zog mich da viel mehr an. Aber ein bisschen Sehenswürdigkeit muss auch sein. So entschlossen wir uns zu einer kleinen Wanderung bei Schloss Mellenthin. So ca. 4 km über das Mellenthiner Os (was genau ein Os ist, weiß ich nicht!) schien uns angemessen. Aber es war nicht unser Tag! Das hätten wir gleich merken sollen, als wir uns auf der Hinfahrt erst einmal ordentlich verfuhren, weil ich der Meinung war, auf so einer kleinen Insel brauche ich kein Navi, das finde ich so! Das Schloss hatte auch noch nicht geöffnet und ist eigentlich sowieso nur ein Hotel mit Restaurant und noch einigen anderen Kleinigkeiten, die den Menschen das Geld aus der Tasche ziehen. Und so wollten wir sowieso nicht hinein, weil jeder dort erst einmal Brückenzoll zahlen muss, um sich dann drinnen noch mal irgendetwas zu kaufen. So gingen wir am Wassergraben entlang, schauten uns die Gebäude ausgiebig von außen an und begannen dann unsere Wanderung.

Leider vergaßen wir schon an der ersten Möglichkeit, abgelenkt durch ein Gespräch mit anderen Hundebesitzern, nach links abzubiegen (Beschilderungen oder Wegmarkierungen kennen die hier nicht!), so dass wir nach kurzer Zeit an die B 111, der Hauptstraße durch ganz Usedom, gelangten, die wir dann wieder bis zum Dorf zurück entlang laufen mussten. Zum krönenden Abschluss unserer Wanderung wollten wir dann in der hochgerühmten Waffelbäckerei des Ortes eine Dinkelwaffel mit Kirschen und Sahne zu uns nehmen ; es ist wohl klar, dass der entsprechende Gutshof wegen eines Todesfalles auf Dauer geschlossen war und wir mit zwei anderen Pärchen in dem wunderschönen Garten standen und unser Schicksal gemeinsam beklagten.

Jetzt hätte uns endgültig klar sein müssen: Nicht unser Tag! Still in eine Ecke setzen und auf morgen warten! Aber nein: Ich wollte es noch immer nicht wahr haben. Okay, dann fahren wir halt nach Koserow zurück und essen in den Salzhütten das gestern geplante Fischbrötchen. Die Schlange vor dem Fischhäuschen war so lang, dass sie fast bis an den Strand reichte und da immer nur ein Mensch in das Lädchen durfte (Corona lässt grüßen!), ging es auch überhaupt nicht vorwärts. Endlich war ich bereit, mein Schicksal anzunehmen. Wir fuhren nach Hause in unseren Wohnwagen, aßen von den Resten, die noch da waren, und legten uns schlafen. Lieber Gott,es ist zwar erst Mittag, aber lass einfach morgen werden! Erst gegen Abend erhoben wir uns wieder um Lucy noch einmal auszuführen und unseren abendlichen Schlummertrunk in unserer Stamm“kneipe“ „Dem Seeräubär“ einzunehmen. Danach war unsere Welt wieder in Ordnung!

22. September (morgens) Wanderung um die Halbinsel Gnitz

Als wir den Wohnwagen um 10.00 Uhr verließen, regnete es leicht. Wir beschlossen, dennoch bei unserem Vorhaben zu bleiben und um die Südspitze der Halbinsel Gnitz auf Usedom zu wandern. Diese Wanderung wurde von vielen im Internet empfohlen, da sie durch ein noch sehr ursprüngliches Gebiet führen würde. So machten wir uns mit etlichen anderen Internetbenutzern auf den Weg, was aber kaum störte, da es sich schnell auseinanderzog, aber doch zu einigen netten Gesprächen führte: Sind wir hier eigentlich richtig? Kommen wir hier zum weißen Berg? Mit dem Markieren von Wanderwegen haben es die Einheimischen nicht so, hier ist Radfahrer-Land. Als wir aus dem ersten Ufer-Urwald herauskamen, hellte sich das Wetter auf. Es war jetzt richtiges Wanderwetter.

Bald gab es auch die ersten Ausblicke auf das Achterwasser.
Danach führte der Weg durch ein zu öffnendes Gatter in einen abgezäunten Bereich hinein. Da wir darin irgendwo Tiere vermuteten und die wilde Lucy mit uns führten, wählten wir den Weg außen herum. Als die beiden Wege wieder zusammen trafen, erzählten uns allerdings einige Leute, dass dieser innere Weg direkt am Achterwasser entlang wunderschön sein muss. Aber so wurden wenigstens die Schafe nicht gestört.
So gelangten wir an die Südspitze zum sog. Weißen Berg. Ich weiß nicht genau, warum etwas, was 32 m hoch ist, die Bezeichnung ‚Berg‘ tragen darf, aber in einer Gegend, wo der höchste Berg 65 m hoch ist, ist man wahrscheinlich mit 32 m auch schon ein Berg. Alles eine Frage der Relation. Wir nahmen die Bergbesteigung in Angriff und sogar meinem angeschlagenen Herzen gelang es ohne größeres Bemühen. Und von oben hatte man wirklich einen super Ausblick, leider war das Wetter nicht wirklich zum Fotografieren geeignet.
Es ging schon teilweise ganz schön tief runter, vor allem an den Stellen, an denen die Bergkante abgerutscht war. Überall standen auch Hinweisschilder, dass man auf dem schmalen Pfad bleiben und sich nicht der Abbruchkante nähern sollte. Aber es war schon sehr toll!
Leider (oder Gott sei Dank) verirrten wir uns irgendwo in dem Naturcampingplatz, der sich urplötzlich vor uns auftat. Eben noch geschütztes Naturreservat, zwei Ecken weiter plötzlich ein Campingplatz mitten im Wald. Es gibt schon Erstaunliches hier auf Usedom! Auf jeden Fall befanden wir uns plötzlich wieder auf dem Weg, auf dem wir vom Parkplatz her gekommen waren. So ganz klar war uns nicht, wie wir das gemacht haben, aber wie schon gesagt, mit Wegzeichen haben sie es hier nicht so.
Abschließend kann ich nur sagen: Es war eine traumhafte Wanderung mit ständig neuen Ausblicken und wunderbaren Naturerlebnissen. Wir können diese Wanderung um die Südspitze der Halbinsel Gnitz nur jedem weiter empfehlen.

22. September (abends) Heringsdorf an der Ostsee versus Neppermin am Achterwasser

Nachmittags schien plötzlich die Sonne und wir machten uns auf, die Seebrücke in Heringsdorf in Augenschein zu nehmen. Wir fanden schnell einen guten Parkplatz, doch von der Seebrücke tönte uns schon laute Rockmusik entgegen. Die Menschenmasse wogte im Rhythmus mit. Nein danke, nichts für uns! Aber wir mussten durch, sonst hätten wir die Seebrücke nicht erreicht, was vielleicht auch besser gewesen wäre. Die Seebrücke in Heringsdorf ist nämlich ein besseres Einkaufszentrum, nur halt auf dem Wasser. Zu Beginn ist eine Einkaufspassage, in der Mitte und am Ende sind die Restaurants- so weit sind wir allerdings nicht gekommen. Den schönen Blick, den ich für’s Foto haben wollte, bekam ich schon vorher.

Auf dem Rückweg mussten wir wieder durch die Menschenmasse, die jetzt mit Schlagern unterhalten wurde. Und standen plötzlich vor einem absolut unschönen Hochhaus, das sich aufgrund eines Schildes als „Kurhotel“ outete. Inmitten von lauter Villen, die man der Bäderarchitektur zuordnen kann, stehen insgesamt zwei monströse Hochhäuser. Man fragt sich, wer diese Bausünde wieder genehmigt hat? Oder stehen die beiden Blöcke schon seit DDR-Zeiten da und wurden nur renoviert? Wenn man von der Seebrücke Richtung Heringsdorf schaut, hat man immer nur diese beiden Bausünden im Blick. Und so was nennt sich dann Kaiserbad! Obwohl ich kein Fan von Bansin und seiner Seebrücke bin, das Ambiente an der Seepromenade dort ist aber wesentlich kaiserlicher als in Heringsdorf. Also nichts wie weg!

Denn …. noch bevor die Sonne unterging, wollten wir nach Neppermin. Dort gibt es nämlich die schönsten Sonnenuntergänge am Achterwasser und den besten Fisch. Beides wollten wir genießen. Und wir müssen sagen: Nach dem Reinfall von Heringsdorf war das wieder echte Idylle. Zuerst mal der Sonnenuntergang, der war allein schon phänomenal und dann tauchte plötzlich ein Schiff auf, eine Art Seeräuberschiff. Seeräuberschiff im Sonnenuntergang: das war dann schon fast wieder kitschig, aber es war so!

Und dann das Restaurant. Es ist schon lustig, dass das beste Fischrestaurant auf Usedom ein Schnellimbiss mit Selbstbedienung ist, aber ein stilvoller. Wir bestellten zwei Nepperminer Fischpfannen und es war so lecker! Wir sind keine Fischkenner, außer Bofrost Backfisch, von daher sind wir nicht der Massstab, aber es hat uns überaus gut geschmeckt.

23. September Wanderung um den Wolgaster See

Ursprünglich wollten wir heute unsere ‚Zelte‘ hier auf Usedom abbrechen und nach Rügen weiterreisen. Aber der erste Herbststurm ist gemeldet und irgendwie gefällt uns der Gedanke nicht, dass eine Sturmboe mit 100 km/h auf unseren Wohnwagen trifft. Vielleicht hält er stand, vielleicht auch nicht. Kein solches Risiko im Urlaub! So bleiben wir noch einen weiteren Tag auf Usedom, durch einen Ausläufer des Streckelberges vor Ostseewind und -wellen geschützt.
Also wieder eine Wanderung: Ich wollte endlich mal eine, bei der wir uns nicht verlaufen. Im Internet wurde viel von einer Wanderung um den Wolgastsee gesprochen. Das schien mir geeignet: Solange man immer um einen See rumläuft, kann man sich nicht verlaufen! Außerdem ist der Wolgastsee ein typischer Usedomer Binnensee, ein Überbleibsel der letzten Eiszeit. Und das hatten wir nach einem Strandspaziergang an der Ostsee und einem Spaziergang am Achterwasser noch nicht. Als ich mich am Ortsende auf der B 111 nach links wende, ist Ewald sehr erstaunt: Nein, der Wolgastsee liegt erstaunlicherweise nicht neben der Stadt Wolgast, sondern ganz genau am anderen Ende von Usedom, 3 km von Ahlbeck entfernt an der Grenze zu Polen. Wir finden ihn auch ohne Navi sofort.

Und auch der Wanderweg ist nicht wirklich zu verfehlen. Breit und sogar für ein Auto geeignet zieht er sich durch die hohen Buchenwald. In regelmäßigen Abständen weisen Hinweistafeln auf die Tiere und Pflanzen der Umgebung hin.

Bald fiel uns das viele Totholz am Ufer des Sees auf, während rechts von uns der Buchenwald total aufgeräumt wirkte. Auf einer Schautafel wurde darauf hingewiesen, wie stark sich ein Wirtschaftswald von einem Naturwald unterscheidet. In einem Naturwald entstehen und sterben die Pflanzen und Tiere in einem natürlichen Kreislauf. Gerade im Totholz befindet sich eine Vielzahl von Insekten und Pilzen, die dazu führen, dass dieser Baum letztlich wieder dem Naturkreislauf zurückgegeben wird. So ist der naturbelassene Uferbereich des Wolgastsees ein geschützter Lebensraum für viele Wasservögel, Fische und Amphibien.

Und plötzlich….. im Nordosten des Sees mitten im Wald standen wir vor diesen beiden Pfosten, die uns im ersten Moment doch sehr irritierten. Aha, die deutsch-polnische Grenze wird hier angezeigt. Wenn wir nach rechts und links schauten, konnten wir die nächsten Pfosten in Sichtweite wahrnehmen. Interessant! Ist das überall so? Uns ist es nie vorher aufgefallen.

Am Ende des Rundweges gab es eine kleine Gartenwirtschaft direkt am See. Und dort bekamen wir endlich die lang ersehnten Usedomer Fischbrötchen. Bismarckhering wählten wir, frisch gemacht wurden sie und waren richtig lecker. Einen Mohnkuchen gab es noch zum Nachtisch, einen nur, wir wollen ja nicht übertreiben. Ein gelungener Abschluss eines schönen Spaziergangs (Wanderung würde ich es allerdings nicht nennen, das wäre etwas zu hoch gegriffen, aber schön war’s schon).

Abends kochten wir im Wohnwagen, aber danach musste Lucy noch ausgeführt und unbedingt noch unser Absacker im „Seeräubär“ eingenommen werden. Wir hatten uns noch nicht richtig gesetzt, da standen schon unsere traditionellen Getränke auf dem Tisch: ein Rotwein, ein Roséwein und eine Flasche Wasser. Daneben unsere nette, blonde Kellnerin mit dem strahlenden Lächeln im Gesicht: Ich weiß jetzt Bescheid. Ewald war begeistert, er fühlt sich bei solchen Aktionen immer angenommen und zu Hause und verwickelte die Bedienung dann noch in ein längeres Gespräch. Aber sie war wirklich ausgesprochen nett und flink und zuvorkommend, so etwas ist mir in einem Restaurant auch immer wichtig.