Zwei Tage am Oberrhein – zu Besuch bei Freunden

Nein, Leute, der Wohnwagen war diesmal nicht kaputt, es war das Auto. Zum 2. Mal innerhalb eines Jahres der Turbolader – geht aber Gott-sei-Dank auf Garantie! Daher fiel die geplante Tour in die Ortenau zunächst einmal ins Wasser, aber ich kann ja gut schwimmen. Und so boten uns die Freunde, die wir während unserer Tour kurz besuchen wollten, an, unseren Urlaub bei und mit ihnen zu verbringen. Und so sitze ich jetzt auf einem wunderhübschen Balkon im kleinen Örtchen Schwanau, über mir der strahlend-blaue Himmel, vor mir der Mühlbach, der mit erstaunlicher Geschwindigkeit der Kinzig und dann dem Rhein zustrebt, alles voller Bäume und grün, absolute Stille um mich herum (außer die Kaffeemaschine im der Küche hinter mir, die nicht von mir bedient werden muss) – schöner könnte es auf keinem Campingplatz sein. We are the winner – wieder einmal!

Zu den Freunden, die wir besuchten, muss ich noch kurz erzählen: Meine beste Freundin aus Schultagen und ich hatten uns vor 40 Jahren aus den Augen verloren. Sie zog beruflich nach Freiburg, ich in die Eifel; sie hatte drei Kinder, ich vier. In dieser Lebensphase bleibt nicht viel Zeit für Freundschaften über 400 Kilometer hinweg. Im Mai diesen Jahres hatten wir 50jähriges Abitur: Wir sahen uns und es war, als wären wir keinen Moment getrennt gewesen. Die alte Vertrautheit war sofort wieder da. Wir waren selbst sehr erstaunt und immer wieder neu verwundert, weil es lag bei uns beiden ja ganz viel erlebtes Leben dazwischen. Aber die Chemie stimmte immer noch! Und jetzt wollten wir drei Tage miteinander verbringen.

Montag, 18. Juli 23 Gengenbach
Wir entschlossen uns zu einem Ausflug in das kleine Örtchen Gengenbach im Schwarzwald, das nach Meinung unserer Gastgeber besonders hübsch sein soll (und außerdem in erreichbarer Nähe lag). Gengenbach liegt im Kinzigtal. Die Kinzig ist der Hauptfluss des Schwarzwaldes und mündet in den Rhein. Na, schon wieder etwas in Erdkunde dazugelernt! Und schon der erste Eindruck war ein Knaller: Wir fuhren auf der Brücke über die Kinzig direkt auf den höchsten und stärksten Wehrturm der Stadtbefestigung zu: den Kinzigtorturm. Die wichtigste Aufgabe seines Türmers war (natürlich neben der Feuerwache) die Beobachtung des Floßverkehrs auf der Kinzig und die Erhebung von Zöllen bei der Einreise. Muss heute nicht mehr entrichtet werden, heute nehmen sie es einem bei den Parkgebühren ab, wie wir bei unserer Abreise leidvoll bemerkten! Unsere Freunde führten uns zuerst zum Mittelpunkt des kleinen Örtchens, dem Marktplatz. Und schon wieder Wow: Da steht ein Rathaus, das nicht von schlechten Eltern ist. Schließlich war Gengenbach im Mittelalter freie Reichsstadt.
Die prächtige Fassade mit der offenen Bogenhalle vereint Elemente des Rokoko mit denen des Klassizismus. Über dem Dreieckgiebel erheben sich Justitia (Gerechtigkeit) und Weisheit (Prudentia) und der mächtige Reichsadler mit dem Gengenbacher Wappen. Wahrlich, das zeugt von reichsstädtischem Selbstbewusstsein! Auch der Röhrbrunnen mitten auf dem Marktplatz zeugt von vergangenen hohen Zeiten: der Ritter darauf trägt ein Schild mit dem Reichswappen und verweist stolz auf die Reichsstadtprivilegien in seiner rechten Hand.

Vom Marktplatz aus wandten wir uns nach rechts zur ehemaligen Reichsabtei der Benediktiner. Die Hauptfront der Klosteranlage mit dem reich geschmückten Portal und dem Rokoko-Balkon darüber zeugt von der vergangenen Wichtigkeit. Doch das interessierte uns nicht so sehr wie der dahinter liegende Kräutergarten, in den wir durch die Kirche (ein kurzer Blick: Barock…. also weiter!) und den barocken Innenhof der Abtei (ganz nett!) gelangten. Blumen, Heil- und Gewürzpflanzen, das war ganz nach dem Geschmack meiner Freundin und mir, da hielten wir uns lange auf. Ein lauschiger Garten, in den verschiedene schattige Sitzplätze integriert waren, was uns an diesem heißen Tag gerade recht kam.

Nach dieser Anstrengung war zuerst einmal ein Eis nötig um wieder zu Kräften zu kommen. An vielen kleinen netten Geschäftchen vorbei näherten wir uns danach dem Obertorturm und der dort erhaltenen Stadtbefestigung. Jetzt wurde es ausgesprochen reizvoll: Wir hielten uns nach links und erreichten den zur Stadt hin offenen Schwedenturm und daneben ein stattliches Fachwerkhaus, das Färberhaus, in dessen offenen Dachgeschoss früher die Färber ihre Stoffe trockneten. Es gilt als das älteste Haus in der Stadt.

Doch dann kamen wir in die wirkliche Idylle: die Engelsgasse, ein reines Fachwerksträßchen mit Blumen an jedem Hauseingang und an den Fenstern. Die kleinen Häuschen waren nach einem Stadtbrand im 17. Jahrhundert auf die innere Stadtmauer gebaut worden und bildeten eine geschlossene Einheit. Da gerät eigentlich jeder, der ein bisschen romantisches Gefühl in sich hat, ins Schwärmen und wir, die wir Fachwerk lieben, mal sowieso. Lange hielten wir uns in diesem heimeligen Gässchen auf und bewunderten die Blumen und die Hauseingänge.

Nach einigen Einkäufen ging es dann wieder nach Hause zurück, denn es war heute wirklich sehr heiß, auch wenn es sich in den engen Gassen ganz gut aushalten ließ. Aber ein Bad im kühlen Mühlbach – das war dann doch etwas, was uns schnell den Heimweg antreten ließ. Der Rückweg führte uns noch ein Stück durch den wirklich reizvollen Schwarzwald, bis wir bei Lahr wieder die Rheinebene erreichten. Ein schöner Ausflug in ein wirklich reizvolles kleines Städtchen – Gengenbach kann ich euch für einen kurzen Besuch wirklich empfehlen.