Im Herzen des Thüringer Waldes – Eisenach

Unsere Freundes-Camping-Tour stand wieder bevor. Wohin? Das war die große Frage. Das schwierigste Problem, die Zeitfrage, war – Gott-sei-Dank – schon vorher geklärt worden. Es sollte Ende August sein mit einer Kernzeit, in der alle da sein sollten, vom 26.- 28.8. Wohin? Es darf nicht so weit sein, es muss Häuschen/Wohnwagen zu mieten haben, es muss ein See dabei sein und die Gegend muss radfahr- und wandertauglich sein. Uns fiel ein Campingplatz ein, auf dem wir schon mehrmals übernachtet hatten auf dem Weg in entferntere Gefilde. Im Hinterland von Eisenach liegt der Altenberger See – See ist vielleicht ein bisschen hoch gegriffen, Teich würde auch hinlangen – eine morgendliche Runde mit dem Hund um den See war auch ohne einen vorherigen Schluck Kaffee gut zu bewältigen . Knapp 3 km davon entfernt läuft der Rennsteig entlang, der einzige und echte und wahre Wanderweg Thüringens, der auch als Fahrradstrecke bewältigt werden kann. Es waren zwar rund 300 km bis dahin, ein bisschen mehr als wir wollten, aber durchaus noch machbar. Und Eisenach ist mit Wartburg und Bachhaus ja durchaus eine Reise wert. Also – auf nach Thüringen!

Donnerstag, 25. August – Ankunft

Donnerstag ist ein Wochentag – leider vergessen wir solche Kleinigkeiten manchmal in unserer Planung. Es ist kein Sonntag, sondern ein normaler Wochentag in den Sommerferien und Massen von Autos und Lastwagen sind auf der Autobahn. Natürlich sind wir wieder nicht zeitig weggekommen und starten erst um 10.30 Uhr. Und gefühlt scheinen alle Autobahn-Baustellen Deutschlands auf unserer Route zu liegen. Die lächerlichen 300 Kilometer ziehen sich wie ein Kaugummi. Aber so ganz kann uns selbst das die gute Laune nicht verderben. Bei 300 Kilometern weiß man, man kommt auf jeden Fall noch bei Tageslicht an. Und wir waren sogar die ersten. Die sehr nette Frau an der Rezeption zeigte uns unsere 3 Plätze, eine Kiesfläche ganz am Ende des Campingplatzes, glutheiß in der Sonne liegend, kein schattenspendender Baum in der Nähe. Der 4. Platz lag etwas entfernt, mit trockener Wiese und einem schon etwas blätterlosen Baum darüber, aber wenigstens ansatzweise Schatten. „Da können Sie sich ja dann treffen und aufhalten mit ihrer Gruppe!“ Ich war not amused, schließlich war ich ja in der Bringschuld als Vorschlagender, aber es nützte nichts. Umbuchungen waren nicht möglich. Aber der Campingplatz hat ein sehr nettes Restaurant mit schattigem Biergarten, in dem wir nachher den Abend ausklingen ließen, also bis 20.00 Uhr, dann schloss er nämlich. Aber gut, wir sind ja Camper und somit autonom! Und das Schöne an überheißen Tagen sind die angenehmen Nächte, an denen man lange draußen sitzen kann.

Freitag, 26. August – in der grünen Hölle (sie ist 200 m lang!)

Im Laufe des Morgens kamen auch die restlichen Pärchen an und fanden den Platz lang nicht so schlimm wie ich. Ausgeruht und gefrühstückt konnte ich dem auch zustimmen, der Wald war ja um uns herum, wenn auch nicht nah genug für Schatten. Die Sonne brannte wie jeden Tag in diesem Sommer schon am frühen Morgen vom Himmel, aber wir saßen unter einer netten Kiefer, ein Stück von unserem Wohnwagen entfernt, beratschlagten uns und entschieden uns aufgrund der Wärme für eine Wanderung durch die berühmte Drachenschlucht. Die Drachenschlucht beginnt kurz nach dem Ortsausgang von Eisenach und zieht sich dann ca. 3 km bis hoch zum Rennsteig am Gasthaus „Hohe Sonne“. Es ist ein schöner Wanderweg an einem Bach entlang (also normalerweise, in diesem Sommer war selbst Rinnsal für dieses Gewässer noch hoch gegriffen, der Hund musste immer lange suchen, bis er eine Stelle zum Trinken fand). Man konnte sich wirklich kaum vorstellen, dass dieses Wässerchen diese Schlucht gegraben haben soll. Die Fitten Gruppe 1 wanderten vom Campingplatz aus, die Fitten Gruppe 2 fuhren mit uns bis zum Gasthaus „Hohe Sonne“ und wir fuhren bis zum Eingang der Drachenschlucht und versuchten, dort einen Parkplatz zu finden. Natürlich waren wir nicht die einzigen, die an diesem heißen Tag die Idee hatten, durch eine kühle Schlucht zu wandern – hätte mich auch gewundert. Aber …. Der frühe Vogel fängt den Wurm … wir waren mit 11.30 Uhr nicht gerade der frühe Vogel … der frühe Vogel kam aber zu diesem Zeitpunkt schon von seiner Wanderung zurück und fuhr mit seinem Auto weg! So fanden wir wider Erwarten doch relativ schnell einen Parkplatz und wanderten dann gemächlich durch das geschnitzte Drachenportal das Landgrafental entlang. Nach ca. 700 m gelangt man in die Drachenschlucht, dem spektakulärsten Teil des Weges. Natürlich hausen ( und hausten) dort keine Drachen, sondern der Name stammte von dem Schutzpatron Eisenachs, dem Heiligen Georg, dem Drachentöter. Um 1830 herum wurde erstmals ein Weg durch die Drachenschlucht gebahnt, der aber noch oft durch Unwetter und winterliche Eismassen zerstört wurde. Erst seit 2009 gibt es die stabilen Gitterroste, auf denen man heute geht. Dies kann man auf einer Informationstafel kurz hinter dem Drachenportal lesen, wenn man möchte.

Dieser ca. 200 m lange, enge Weg hat uns schon sehr beeindruckt. Hoch über uns konnten wir die Sonne in den Eichen und Buchen des Waldes schimmern sehen, aber in der Klamm war es dunkel, sehr kühl und feucht, was wir bei der Hitze des Tages doch sehr genossen. An manchen Stellen standen die Felswände wirklich ganz eng beisammen, aber selbst ich passte immer noch gut durch (ich hatte vorher schon Bedenken gehabt!). Immer wieder fuhren wir mit der Hand über das feuchte Gestein, auf dem Moose und Flechten wuchsen. Es war eine ganz eigene Welt, sehr sehenswert! Erstaunlicherweise begegnete uns auf den ganzen 200 m kein einziger anderer Mensch, was auch noch den geheimnisvollen Eindruck verstärkte. Ganz plötzlich um eine Biegung endet die Schlucht und der Wanderweg geht wie zuvor weiter durch hellen, warmen Wald. Es kommen noch zwei weitere, aber kürzere Engstellen, aber schon vorher trafen wir die Freunde und gingen zusammen dann durch die Schlucht zurück. Mit Gespräch und Lachen war das Ganze dann schon nicht mehr so eindrucksvoll wie zuvor. Am Parkplatz angekommen quetschten wir uns alle in unser Auto, außer zwei unermüdlich Fitten, die den ganzen Weg wieder zurückliefen – die Betonung liegt dabei auf dem Wort „laufen“. Gerade noch rechtzeitig vor einem kurzen, aber heftigen Gewitter erreichten wir den Campingplatz.
Fazit: Wenn ihr mal in Eisenach seid, besucht auf jeden Fall die Drachenschlucht. Es lohnt sich!

Samstag, 27. August – Auf der Wartburg und in Eisenach

Das darf nicht wahr sein – ein morgendlicher Blick aus dem Wohnwagenfenster – es nieselt! Eine Runde mit Hund durch den Wald und um den See – es nieselt immer noch! Drei Monate lang keinen Regen – und jetzt nieselt es! Wir entschlossen uns, auf das gemeinsame Frühstück zu verzichten und danach nach Eisenach zu fahren – Stadt ist im Nieselregen nicht so schlimm wie Wald. Aber schon auf dem Weg dorthin hörte das bisschen Regen auf, es war zwar noch wolkig und kühl, aber für den restlichen Tag trocken. Zuerst das Unesco-Weltkulturerbe: Die Wartburg! Wir fuhren bis zum obersten Parkplatz und versuchten den Rest zu Fuß zu bewältigen, da die Shuttle-Bus-Haltestelle von einer Hochzeitsgesellschaft belagert war. Sogar zwei weißen Tauben im Käfig mussten mit – als ob es die nicht auf der Wartburg genug gäbe.
Ewald und ich schafften den Weg mit Müh und Not – die restliche Mannschaft natürlich ohne ein Problem! Danach machten wir eine Führung auf der Wartburg (sehr zu empfehlen, wenn man so eine lustige und kompetente Führerin hat wie wir). Wir erfuhren einiges über die Heilige Elisabeth anhand der Bilder im Damenzimmer, einiges über Walther von der Vogelweide und den Sängerwettstreit im Sängersaal, hörten einiges über Luther und sahen den Tintenfleck an der Wand, wo er das Tintenfass nach dem Teufel geschmissen haben soll (Fleck wird wöchentlich erneuert!). Alles insgesamt sehr lehrreich und interessant. Es sollte noch Anlass für einige Gespräche beim Abendessen und Frühstück geben (samt Deklamieren einiger Minnelieder vom lieben Walther! Es gibt wirklich Menschen, die so was können!)

Danach trennten sich unsere Wege. Die Radfahrer hatten genug Kultur genossen und wollten etwas für ihre Fitness tun. Sie fuhren nur noch einmal kurz auf den Marktplatz und dann wieder zurück auf den Rennsteig. Wir vier Autoinsassen fuhren hinunter in die Stadt und schauten uns etwas genauer in Eisenach um. Wir parkten am Geburtshaus von Johann Sebastian Bach, dem berühmtesten Bürger der Stadt. Wir hatten das überaus empfehlenswerte Museum schon einmal besucht, in dem man sich interaktiv und höchst interessant in die Bach`sche Musik hineinarbeiten kann. So besuchten wir diesmal nur kurz den Shop. Vor dem Museum fand Ewald, ein großer Bachverehrer, sein Glück. Dort stand ein kleiner Kasten mit 5 Orgelpfeifen und wenn man mit ordentlicher Beinarbeit die Fußtaste betätigte, erklang eine Fuge von Bach, auf Knopfdruck konnte auf einen Choral gewechselt werden. Nachdem wir länger gebraucht hatten, um das System zwischen Fußhebel und Knopfdruck zu verstehen – wir haben beide einfach kein technisches Verständnis! – , war Ewald nicht mehr wegzukriegen.

Wir besuchten noch das Lutherhaus, wo ich im Shop ein Paar Socken erstand mit dem berühmten Ausspruch Luthers: „Hier stehe ich. Ich kann nicht anders.“ Das auf einer Socke fand ich lustig, nun ja, Humor ist für jeden Menschen halt verschieden.
Dann gingen wir noch auf den Marktplatz und um die St. Georgskirche herum, in der aber gerade eine Hochzeit stattfand. Neben der Kirche fand Ewald einen 2. Orgelkasten, so blieben wir etwas länger dort, bestaunten den Brunnen mit dem goldenen St. Georg, das Rathaus, das Residenzschloss (nun ja, was Menschen so Schloss nennen). Also der Marktplatz von Eisenach bietet sich durchaus an, darauf ein wenig zu verweilen. Es war nicht übermäßig viel Leben dort, aber selbst bei bedecktem Himmel ging ein gewisses südländische Flair davon aus. Sehr nett, und das ist hier nicht despektierlich gemeint. Das bei einem Stadtbesuch unvermeidliche Stück Kuchen mit Cappuccino nahmen wir im Cafè Brüheim am Frauenplan zu uns, ein Taxifahrer hat es uns empfohlen und wir können es aufgrund der exquisiten Tortenauswahl einfach nur weiterempfehlen. Ich hatte eine Heidelbeer-Joghurt-Torte, einfach nur köstlich.

Sonntag, der 28. August Im Hainich, dem großen Buchenurwald Deutschlands

Nach so viel Weltkulturerbe stand nun ein Weltnaturerbe auf unserem Plan, ein kleiner Ausflug auf dem Baumkronenpfad des Hainich. Der Hainich ist ein ausgedehnter, bewaldeter Höhenrücken nordöstlich von Eisenach. Der Wald besteht hauptsächlich aus Buchen. Früher gab es riesige Buchwälder überall in Europa, die aber durch die Landwirtschaft bedrohlich zurückgedrängt wurden. Diese Buchenwälder entstanden nach der letzten Eiszeit und sind einmalig auf der Welt. So müssen sie heute besonders geschützt werden. 2011 wurden in Deutschland 5 Buchenwälder auf die Liste des Weltnaturerbes gesetzt, darunter der Hainich in Thüringen.

Wir gingen vom Parkplatz zum Besucherzentrum, um die Tickets (11 Euro) zu erwerben, und danach ca. 300 m in den Wald hinein zu dem Aussichtsturm, um den sich der Baumkronenpfad in zwei großen Schlingen herumwindet. Insgesamt ist er ca. 540 m lang. Also auch für Menschen wie uns durchaus machbar, zumal es auch noch einen Lift gab, um die Barrierefreiheit zu gewährleisten.
Auf dem Pfad kann man an vielen Lernstationen Interessantes über den Wald und seine Flora und Fauna erfahren. Auch einige Kletter- und Balancier-Übungen sind in den 2. Teil des Weges eingebaut. Aufgrund der großen Trockenheit dieses Sommers konnte man etliche Schäden an den Blättern der Bäume erkennen. In so einem Buchen-Urwald wird nicht mehr aufgeräumt, sondern alles Totholz bleibt einfach liegen und bildet die Nahrungsgrundlage für viele Tiere und Insekten. So war es sehr interesssant, immer wieder von oben in den Wald hineinzuschauen.

Mir erschien der Baumkronenpfad sehr kurz, weil er auch so kurzweilig aufgebaut war. Von der Spitze des Aussichtsturms aus hat man einen wunderbaren Rundblick auf den Buchenwald und auf die ihn umgebenden Felder. Alles in allem, ein sehr interessanter Ausflug, der dann noch mit einer kleinen Kuchenauswahl im Restaurant gegenüber dem Besucherzentrum endete.